Dienstag, 8. Mai 2012

So neu sind die Empörungen über #Timoschenko wohl auch nicht #ukraine #politik

Irgendwie mutet die mediale Vermittlung und veröffentlichte Meinung um Julia Timoschenko, ihres Zeichens ehemalige Ministerpräsidentin der Ukraine, unfreiwillig "komisch" an.
Verurteilt wurde sie schon im Jahre 2011 und schon damals waren die öffentlichen Reaktionen und Berichterstattungen von den Aussagen der Verurteilten geprägt, sie werde als "politisches Opfer" behandelt bzw. sei dies ein Versuch eine bekannte Oppositionelle mundtot zu machen.
Aussagen der Gerichtsbarkeit oder Anklage wurden kaum zitiert.

Am 09. Dezember titelte die BILD-Zeitung von "Horror-Fotos", die angeblich niemals jemand hätte sehen sollen.
Wieder werden "Timoschenko-nahe" Quellen zitiert:
"Ihr Anwalt Serhij Vlasenko, der sie fast täglich besucht, beschreibt einen kalten, feuchten Raum (14 Grad Celsius), kaum mehr als 10 Quadratmeter groß. Ein Bett, ein winziges Fenster mit dicken Gitterstäben. Warmes Wasser gibt es nicht." 
Und schon damals wurde davon gesprochen, "kein Arzt" werde zu ihr gelassen, dafür würde sie ständig verhört.
Also genau die An- und Vorwürfe die nun angeblich so ausmaßig und groß sein sollen, dass auch symbolischste Handlungen wie ministeriale Teilnahmeverzichte an Sportveranstaltungen, wie der Fussball-Europameisterschaft in der Ukraine und Polen 2012, geprüft und vorgeschlagen werden.
Zwar sei die Absage Gaucks laut ukrainischer Diplomaten "längst bekannt" gewesen, viel wert wurde aber auf die Vermittlung des Eindrucks gelegt, dies sei eine pro-freiheitliche Entscheidung Gaucks. die SPD unter Steinmeier lobte den Bundespräsidenten dann auch sogleich für die schnelle Reaktion und Umsetzung seiner Theorien und Aussagen zur "Freiheit" in praktische Handlungen.
Der FDP hätte man heute in ähnlicher Position etwas entgegen gehalten wie, eine "Nicht-Handlung" oder Nicht-Teilnahme sei keine politische Aussage. Aber der FDP wirft man momentan auch noch den umöglichsten Unsinn vor.
Im Hinblick auf Gaucks "Absage" wird die andersartige Interpretation indirekt eingeräumt wenn es heisst
"Im Präsidialamt wird darauf hingewiesen, dass die Teilnahme Gaucks an dem Treffen nie zugesagt war."
Das Jalta-Treffen bzw. dessen Absage sollte daher nicht mit dem Gesundheitszustand Timoschenkos allein in Verbindung gebracht werden. Bezeichnenderweise war in gleicher Quelle zum damaligen Zeitpunkt angeblich noch nicht entschieden, ob das nun allerorten, bspw. vom wahlkämpfenden Umweltminister Röttgen, CDU, geforderte "politische Signal", von Gauck überhaupt gesendet werden wird.

Während mit der angeblichen "Absage" Joachim Gaucks, die schon länger bekannt war und das Thema gar nicht traf, etwas ins Rollen kam, scheinen einige mal wieder den Fussball für eigene Profilierungsversuche auserkoren zu haben.
Gerade Fussball garantiert fast Schlagzeilen und Fotos auf Titelblättern großer deutscher Zeitungen, bspw. der BILD. Dieselbe Zeitung titelt später zwei Mal von "Betonköpfen" oder einem "Betonkopf" und meint damit Ministerpräsident Janukowitsch.

Die angeblichen Anlässe aktueller "Empörungen" waren aber schon seit längerem bekannt und unterliefen die politische und mediale Arena mehr oder minder: Der angeblich politische Prozess, welcher so immer von Timoschenko und ihren Anhängern dargetan und von anderen nicht merkbar kritisch hinterfragt wurde und ihre schlechte ärztliche Behandlung.
"Erkrankt" war sie laut Tagesschau schon im Dezember letzten Jahres - bei den Haftbedingungen auch kein Wunder möchte man meinen. Wiederum 2011 titelte SPON von "schwerer Erkrankung" Timoschenkos und bezog sich auf "Behördeninformationen". Später musste die Charite versichern, sie sei "ernsthaft" erkrankt und es wurde über "mysteriöse Flecken" der "Schönen" spekuliert.
Innenminister Friedrich wolle nach eigenen Aussagen erst dann zur EM fahren, wenn er sich selbst ein Bild vom Zustand der Insassin machen könne. Was das nach den Besuchen der "Behördenvertreter" (SPON) sowie "Ärzte[n] aus Deutschland und Kanada" bringen soll, ist unklar. Und auch die Vorwürfe nicht vollständiger Untersuchungen wurden schon kurz nach Urteilsfällung vom Anwalt erhoben (s.o.).

Des Weiteren wäre zu fragen, was Boykotte überhaupt bringen könnten, zumal nicht davon auszugehen ist, dass sich alle anschließen. Selbst wenn das der Fall wäre, bliebe nichts anderes als ein "politisches Signal" übrig, da man der Ukraine wohl kaum noch mit Verlegung der EM oder politischen bzw. wirtschaftlichen Sanktionen drohen will. Gerade im Hinblick auf die anderen mittel-osteuropäischen Staaten wie Polen, die an sinnvollen Beziehungen zur Ukraine auch über die Sportveranstaltungen hinaus interessiert sind.
Überhaupt gibt es für solche Belange einen innereuropäischen Koordinierungsprozess mit Abkommen, Verträgen, Assoziationsvereinbarungen, etc. Und solches wurde bereits genutzt, als Ende Dezember auf eine Ratifikation verzichtet wurde. Bis dato gilt das alte Partnerschaftsabkommen fort. Dabei gilt nur die Ratifikation als "aufgeschoben" aber weder "aufgehoben", noch soll inhaltich bisher neuverhandelt werden.
"Die Verhandlungen wurden bereits Ende vorigen Jahres abgeschlossen. Die Paraphierung ist im Völkerrecht nicht mehr als eine Bestätigung des Verhandlungsergebnisses, dem dann Unterschrift und Ratifikation folgen müssen. In Brüssel war von einem „technischen Schritt“ die Rede."

Ob dieser "Druck" ausreichte um Timoschenkos Haftbedingungen prüfen oder den Prozess neu verhandeln zu lassen ist fraglich; sinnvoller als sehr offensichtliche Proteste durch EM-Teilnahmeabsagen ist er sicher.
Denn der EU kann nicht daran gelegen sein, dass sich die Ukraine stärker Richtung Russland orientiert.
Man sitzt also "fest" und kann sich nicht so frei bewegen, wie es anhand solcher "Symbole" beschrieben werden soll: "Sachzwänge" und "internationale Beziehungen" könnte man das mal wieder nennen:
"Die Präambel des Assoziierungsabkommens spiegelt die Unterstützung der Entscheidung der Ukraine zugunsten Europas durch die EU wider. Die Union hat anerkannt, dass die Ukraine ein Teil der europäischen Identität ist und nach europäischen Werten handelt."

Und wenn die Minister nicht in die Ukraine, sondern nur nach Polen, fliegen, spart sich die Bundesrepublik Steuergelder.

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