Mittwoch, 25. Januar 2012

Wulffs Amtsverständnis - rational?

Man könnte ja auf die Idee kommen, der ganze "Eklat" oder "Skandal" um Christian Wulff sei von einigen wenigen Medien, wie BILD oder SPIEGEL, betrieben worden.
Viel mehr als die mediale Perzeption wundert mich allerdings Herrn Wullfs Verhalten selbst.
Man stelle sich einen Moment vor, man sei in ähnlicher Situation.

Völlig unsinniges, dekontextuiertes Gedankenspiel.
Um in solche Positionen zu gelangen braucht man genau jede "Freunde" oder nur "wohlgesonnene Bekannte" wie sie unser Bundespräsident und früherer niedersächsischer Ministerpräsident hat.
Im Stern steht heute etwas von "Schnulligate" - mit "Schnulli" sollen sich Glaeseker und Schmitt untereinander tituliert haben.
Dies ist ebenso irrelevant und unerheblich wie die Fotos über Innenräume von Wullfs Norderney-Urlauben. Sowas will doch niemand sehen, der nicht gerade sensationsgeil und themen- und politikavers unterhaltende Bespaßung sucht.

Ob man aber auf einem Flug "upgegradet", also eine Komfortklasse aufgestuft, wird, sollte man schon hinterfragen.
Vorallem sollte man es als Fluggast wissen.
Stärker noch, wenn man öffentliche Ämter bekleidet, gerade Ministerpräsident; in solchen Ämtern lernt man dann spätestens, dass selbst der Anschein von Vorteilsnahmen, etc. zu vermeiden sind.
Insofern hätte ich mir von der Fluggesellschaft schriftlich bestätigen lassen, dass die Aufstufung nichts mit einem meiner Ämter zu tun hat.
Bekommt man diese Bestätigung, auch ex-post, nicht, nimmt man das Upgrade eben vorsorglich nicht an oder lässt sich dafür eine reguläre Rechnung ausstellen welche man ebenso regulär bezahlt.
Nichts anderes doch bzgl. eines Buches bei dem ich als Autor auftrete: Ich werde mich doch für die Marketing-Strategie des Verlags interessieren, schließlich verdiene ich daran Geld. Kann oder will ich mich nicht selbst darum kümmern, dann bitte ich einen, selbstredend von mir bezahlten, Mitarbeiter oder Externen um Nachsorge für dieses Projekt. Auch hier um jeglichen Anschein bereits zu ersticken.
Kaum glaubhaft, dass Wulff keinerlei Kenntnis erlangt haben möchte.

In so einem Amt besitzt man viele falsche und einige wenige "richtige" Freunde.
Wenn sich diese falsch Verhalten und bspw. kostenlos urlauben und damit in Ruchweite des Amts Vorteile annehmen, müssen diese entweder selbst oder man als Amtsträger Konsequenzen ziehen. Tut man dies nach Kenntnis der Vorwürfe zeitnah, ergibt sich daraus auch kaum ein Problem.
Ich frage mich hingegen, ob, die vielen kleinen Details und Vorwürfe zusammen genommen, hier kein sinnvolles eigenes "Amtsmanagement" vorlag.
Wenn ich "pleite" bin, kann ich mir einen Hauskauf oder -bau eben nicht leisten - natürlich kann mir ein Freund Geld leihen, sofern sich dies nicht auf meinen Beruf, das Amt also, auswirkt.
Wieso aber nimmt Wullf dann einen überbrückungsfinanzierenden Geldmarktkredit mit einem variablen Zinssatz zwischen 0,5 und etwas über 2 Prozent an, wenn dieser doch selbst für bonitäre und eher wohlhabende Privatkunden "unüblich", wenn auch nicht "unmöglich" ist?
Wohlgemerkt: Variable Kreditzinsen sind nichts unübliches - kurze Kündigungsfristen bei "negativen", also ungünstigen, Zinsentwicklungen, schon.

So ließe sich fortfahren.
Wulff muss von diesen ganzen Dingen wissen.
Trotzdem kommt man hier, mal da etwas heraus.

Wie aber sollte man anderweitig vorgehen?
Wenn man weiß, dass sich da wohl noch andere Dinge verbergen, die evtl. sogar noch problematischer sein oder werden könnten, muss wohl auf mangelnde mediale Aufklärungsfähigkeit oder -willigkeit gesetzt werden. Ansonsten könnte man alles Bekannte offenlegen.
Zumal ich mir kaum vorstellen kann, dass man in so einem Amt keine diskreten Selbstauskünfte und -recherchen in Auftrag gibt um zu erfahren, "was denn da noch kommt" oder kommen kann.
Wenn man "Krieg führen" will, wobei ohnehin fragwürdige Militärmetaphern wie "Stahlgewitter" zu häufig verwendet werden, muss man doch wissen, mit wem und wogegen bzw. mit welchem Ziel.
Und das Ziel kann dann ja nur sein, dass eventuell belastende Dinge nicht publik werden.
Womit ein Anruf bei einer BILD-Zeitung durchaus Sinn ergibt, "Krieg führen" in Verbindung mit "Wir" aber auch auf die Hoffnung einer eher "zugeneigten Zeitung" deuten könnte.
Wulff soll ja angeblich regelrecht "enttäuscht" sein, wie man ihn aus diversen Verlagen aktuell behandelt.

In öffentlichen Ämtern verdient man kein Geld, oder wenigstens nicht "das große Geld" - das war schon immer so und wird vermutlich auch so bleiben.
Das weiß man aber auch selbst.
Versucht man das aber, auch angeblich oder tatsächlich "dubiose" Weise, kann das schnell ins Auge gehen.
Auch das weiß man.
Umso unerklärlicher finde ich Wullfs Gebaren. Nicht, weil die Vorteile nicht "angenehm" oder "nett" wären, sondern weil man solches später, nach dem Ausscheiden aus diversen Ämtern und beim Übergang in Unternehmensbereiche, immernoch erhalten und in Anspruch nehmen kann.
Dann erhöhen sich auch Verdienste und "potente Freundschaften".