Mittwoch, 28. April 2010

#Parteiensystem im Wandel in der #Politik.

Kurz vor der Landtagswahl in Nordrhein Westfalen Anfang Mai 2010 werden momentan wieder Auffassungen Richtung "Aufhebung" der politischen Lager und Vermischung verschiedenster Koalitionsoptionen ventiliert.
Zumindest Politikwissenschaftler wie Langguth sind vorsichtiger.

Ich kann mich noch an Artikel von bspw. Brigitte Fehrle auf ZEITOnline erinnern, die die Multioptionalität nicht nur festgestellt haben wollte, sondern sie auch als Allheilmittel aller Probleme pries.

Die Wahrheit ist und war erwartbar langsamer verändernd.
Mit dem Eintritt der Linkspartei kam es zur Fragmentierung des "linken Lagers"; was einst Rot-Grün war, muss heute zwingend Rot-Rot-Grün sein.
Ich hatte solches übrigens bereits weit vor der letzten Bundestagswahl im Hinterkopf; als sich die LINKE.PDS damals in einigen westdeutschen Flächenländern etablieren konnte, musste mit ihr zumindest im Hinblick auf Stimmenentzug von der SPD gerechnet werden.
Zumal eine SPD heute nicht mehr für ein "links" steht, wie man es früher verstehen konnte oder wollte.
Einen solchen, für manche populistischen, "Linkskurs" kann heute glaubwürdig die Linkspartei vertreten.
Noch.
Regierungsbeteiligungen wie Berlin sind dem allerdings ebenso abträglich.

Überrascht bin ich weiterhin, dass sich keine weitere Partei rechts der CDU etablieren konnte, mithin hatte ich auch damit schon länger gerechnet.
Es gab ja schon Mutmaßungen, Merz und Clement könnten dies umsetzen.
Wenn ich mir die FDP heutiger Prägung auch und vorallem in Regierungsverantwortung ansehe, wird diese Idee zumindest nicht unwahrscheinlicher.

Dienstag, 20. April 2010

Staatshilfen für #Airlines wegen Ausbruch des #Vulkans/#Aschewolke und #Krankenversicherung #ashtag

Heute Einlassungen zu zwei verschiedenen Themen: Aschewolke und Krankenversicherung.

Die Aschewolke wird nun seit einigen Tagen durch die Medien gedreht und verfolgt man vorallem deutsche Nachrichtensender, könnte man zur Ansicht gelangen, es gäbe in diesem Land momentan nichts wichtigeres als das Ausbleiben einiger In- und Auslandsflüge.

Nun wird seits Europäischer Kommission über Beihilfen für Fluggesellschaften nachgedacht.
Es gibt ja auch noch Stimmen, die nach den unzähligen Stützungsaktionen, mit teilweise erwartbar sinnlosen Ausgängen, solche "Hilfen" noch ablehnen.
So beispielsweise der Direktor des Instituts für Wettbewerbsökonomie an der Universität Düsseldorf, nachzulesen auf Handelsblatt.com.
Wenn ich nach einem Unwetter, welches zum Versagen meiner Zugverbindung führte, zur Deutschen Bahn AG laufe und nach Erstattung des Ticketpreises sinne, werde ich mit dem Verweis auf "höhere Gewalt" abgespeist.
Weshalb sollte es den Airlines also anders gehen?

Einen Schönheitsfehler hat dieser Gedanke allerdings: Flugverbote, welche hier das Folgeproblem nach dem Ausbruch des isländischen Vulkans sind, sind Ausflüsse verwaltungsrechtlicher Entscheidungen, mithin der Bürokratie als nachrangige Behörde der Exekutive.
Theoretisch könnten diese Verbote also politischer seits aufgehoben und verhängt werden wie es beliebt.
Auf dieser Basis ist eine "höhere Gewalt" schon theoretisch fragwürdig; dies allerdings noch ohne genaue Messungen und Tatsachenbelege zu verhängen geradezu problematisch.
Schließlich können die Fluggesellschaften für ihr Marktversagen ggf. ursächlich nichts. Gestärkt gingen hierdurch vorallem höher kapitalisierte Gesellschaften hervor, die sich solche Untätigkeiten "leisten" können. Mithin würde dabei die Stellung bereits dominierender Carrier erneut perpetuiert.
Insofern sollten Beihilfen, generalisiert, zumindest bedacht werden.

Was Andreas Pinkwart, FDP, natürlich meint, wenn er sich zitieren lässt, man könne es "nicht zulassen", dass "reflexartig" nach dem Staat gerufen wird, erschließt sich mir nicht. Auch nicht, wie er das grundsätzlich zu verhindern gedenkt.
Aber in NRW findet demnächst ja eine Landtagswahl statt - und irgendwie muss man ein paar mediale Worte rüberretten.


Der Artikel über ein Interview mit Birgit Fischer, Vorsitzende der Barmer Krankenkasse und ehemalige Ministerin, wird auf Handelsblatt.com heute mit "fordert höheren Krankenkassenbeitrag" aufgemacht.
Wie das zustande kommt, obwohl das nur eine einzige der vielen im Interview angesprochenen Forderungen zum Ausgleich des erwarteten Defizits in der Finanzierung des Krankenversicherungssystems ist, ist unklar.
Ein wenig Tendenz darf hier wohl gemutmaßt werden.

Im Artikel selbst wird dann mehr als ein Mal betont, welch postive steuernde Wirkung doch der Zusatzbeitrag im System entwickelte, obgleich Fischer mindestens ein Mal deutlich darauf hinweist, diesen Beitrag als alleiniges Steuerungsinstrument abzulehnen.
Was mir einleuchtet: Auch für mich wäre ein höherer Beitrag momentan einziger Beweg- und Unterscheidungskriterium für einen Kassenwechsel.
Das sollte so aber nicht gewünscht sein, da es dann um den preislich günstigsten Anbieter gehen wird und nicht um Qualität oder Versorgung.
Kommt man dann unten, am "Limit", an, wird man wieder Mindeststandards einbauen müssen.
Die niedriger sein dürften als heute.

Dass damit nichts an zentralen Systemproblemen geändert ist, tat ich bereits kund.

Montag, 19. April 2010

#Sozialversicherungen, #Finanzmarktkrise und menschliches Scheitern

Gestern hatte ich im Tagesverlauf einen Gedanken, der von Kaberettist Richard Rogler später Abends im Format "Mittnernachtsspitzen" aufgegriffen wurde.

Und geht die "Kultur des Scheiterns" ab, wir verbieten sie uns selbst.

Wie genau ich darauf kam, kann ich noch nicht einmal sicher rekapitulieren, es muss allerdings wieder einmal etwas mit dem "Beinahe"-Zusammenbruch des Finanzsystems in den letzten beiden Jahren zu tun haben.
Ein "Scheitern" war und ist dabei unmöglich.

Damit nimmt man eigentlich ein elementares Menschenrecht und -bedürfnis: Fehler zu machen.
Was ich als Argument weit schwerwiegender finde als davon zu sprechen, man habe die "Marktmechanismen" außer Kraft gesetzt und Institute vor dem Bankrott bewahrt, sie konnten daher nicht scheitern und vom "Markt" verschwinden.

Das hat etwas von Rentenzahlungen an Finanzinstitute, geht man davon aus, dass "Renten" als (Über-)Lebenssicherung, ab einem gewissen Alter, gedacht sind.
Das "Alter" ersetze man hier durch "Größe", Bilanzsumme bspw., als spezifizierenden Faktor.
Und schon hat man eine, mindestens temporäre, Rente der Steuerzahler an die Finanzinstitute.

Die ja selbst Steuerzahler sind, aber niemals ihre eigenen Ausfälle bestreiten könnten.
Und wie war das?
Demographie zerstört unsere Sozialsysteme?
Größe tut es also auch, nur auf anderen Wegen.

Donnerstag, 15. April 2010

#sozial und #social als #Feigenblatt des digitalisierten #Kapitalismus

Was sind "social" communities oder "soziale Netzwerke?
Im Kern sollen diese Worte internetbasierte mittels dynamischer Websprachen abgefragter und befüllter Datenbanken auf großen Serverfarmen lagernd beschreiben, denen Daten zugetragen werden.

Denn mehr sind bspw. Facebook oder StudiVZ nicht.
Menschen, die sich dort mit irgendwelchen, gar realen, Daten anmelden, machen sie erst zu einem genutzen "Dienst".
Die Daten sind Momentaufnahmen, Abbilder unserer selbst, welche als Avatar auch in unserer Abwesenheit Kontaktoptionen bieten sollen.
Ich nenne es auch "Kontaktfiktion", schließlich wird dazu Elektrizität, ein internetfähiger Computer sowie ebendieses Internet, ein Zugang, benötigt.

Das Netzwerk lebt nicht, es beginnt auch keine "Existenz" im biologischen Sinne, doch findet eine Vergrößerung und Aufblähung der datenbankverwalteten Datenbestände statt, sofern Daten eingegeben werden.
Dabei können das wir beschrieben alle Daten sein, einzig das Nutzversprechen kann Menschen überzeugen reale Informationen preiszugeben.
Hier findet das erste "Tauschgeschäft" statt: Die Community wird dem Nutzer einen Nutzen stiften, wenn er Daten, seine realen Daten, eingibt.
Und sie wird nur dann "richtig", also für alle User, funktionieren, wenn die Daten zumindest eine Mindestplausibilität aufweisen.
Hier kommt es zum ersten Appell ans "soziale Gewissen" des Nutzers: Gäbe er keine oder falsche Daten preis, verhinderte er die optimale Nutzung durch alle anderen.
Dass er aber dem Anbieter/Betreiber eigentlich nur ökonomische Kosten mit zweifelhaftem oder geringem Nutzen übergibt, wird dabei nicht offen kommuniziert.
Es senkt andererseits die Prüfungs- und Selektionskosten der Betreiber, da sie hauptsächlich mit "validen" Daten und Informationen mittels kontextsensitiver Werbung Geld verdienen können.
In einem anderen Kontext ging ich bereits auf die Verlagerung von Unternehmenskosten auf die Käufer/Individuen über; mittlerweile scheint es mir als einkalkulierter Ausfluss einer angebotsorientierten Ökonomie zu sein ("Vom 20 Cent 'Prosumer' und der Deutschen Post")

Neben der Formulierung "sozial" ist dies schon die zweite bezeichnend fragwürdige Einlassung das Thema und den Inhalt betreffend.
Auch in diesem Zusammenhang fungieren "sozial" oder "social" als Feigenblätter um zugrunde liegende Systematiken und Bedingungen zu verdecken; Der Kapitalismus als solcher scheint sein Überleben mittlerweile stärker aus seiner Wandlungs- und Integrationsfähigkeit als seiner ökonomischen Dynamik zu ziehen.

Was soll "sozial" sein an einer Internetseite, welche auf einer Datenbank fusst, die den öffentlichen Raum im Internet monopolisiert, bzw. danach strebt/darauf hinausläuft, und als Gegenleistung die Gewinnmöglichkeit aus möglichst vielen Nutzerdaten verlangt?
Wobei man das auch als "Fortschritt" interpretieren könnte: Mittlerweile werden nicht mehr Menschen selbst, sondern nur noch deren Abbilder und Daten/Informationen ausgebeutet.
Wenn da nicht das Problem bestünde, dass es ohne die Menschen und ihre die Spezifizät der Daten prägenden "Lebensumstände" die Daten und deren gewinnbringende Verwertbarkeit durch die Werbe- und später Konsumgüterindustrie nicht gäbe.
Negativ daran ist, dass es die "Notwendigkeit" der Auseinandersetzung damit nimmt: Eigentlich ist eine Community wie ein Supermarkt, nur dass der "Kunde" in einem solchen schwerer zu differenzieren ist. Da die Industrie als Endkunde der Daten und gleichzeitig der Profil- und Dateninhaber als "Kunde" der Dienstleistung "Community" zu betrachten ist.

Lässt man natürlich das "Heilsversprechen" der engeren Vernetzung von Menschen auf virtueller, die Distanzen überbrückenden Arten weg, bleibt nur noch schnöder Verwertungsgehalt.

Am Ende stellt eine Community nur die Technik zur Distanzüberbrückung zur Verfügung; die Deutsche Bahn oder der PKW müssten in diesem Kontext als noch "sozialer" angesehen werden, schließlich basieren die "sozialen" Verbindungselemente und deren Wirkungen EINZIG auf dem Wirken der Nutzer, die es freilich ohne Community so nicht gäbe.
Ein circulus vitiosus also.

Die Popularität dieser ist eher Ausfluss gesellschaftlicher Technisierung und Verlagerung von Lebensbereichen und Ressourcenzugänge bzw. deren Kontrolle ins Internet.
Das beliebte Beispiel ist der Automat der Deutschen Bahn AG, an welchem man Tickets nicht nur günstiger, sondern auch sehr viel schneller erhalten kann.
Die zunehmenden Kartenzahlungen von Verbrauchern und Käufern kann als weiteres Beispiel angesehen werden.

Da kapitalistische Produktion Grundlage für Genese und Erhalt der "Netzwerke" und Communities und nicht elementar und tiefgreifend änderbar ist kommt es zu einem Wahrnehmungswandel dieser; daraus folgt eine positivere, geänderte gesellschaftliche Wahrnehmung der Grundlagen durch einen (kurzfristigen) Nutzen des Outputs dieser und derem langfristigen allgemeinen Nutzenversprechens.

Aussagen der Anbieter, erst Popularität und Nutzung generieren zu wollen, wie dies bspw. bei Twitter und Google sein soll, und später ein "Geschäftsmodell" zu definieren ist wohl die wichtigste Differenz zur dotcom-bubble aus dem Jahre 2003.
Dies entspricht dem Versuch, eine "Systemrelevanz" im "Web 2.0"-Bereich zu erringen: Je häufiger/intensiver mit einer Plattform kommuniziert und sich dort eingerichtet wird, "Freunde" verbunden und Kontakte geknüpft werden, desto unverzichtbarer wird der Dienst.
Desto stärker nimmt die Abhänigkeit vom Internet zu, da die Opportunitätszeit eben nicht für eine Kontaktpflege in der Realität genutzt wird.
Kommt es wenigestens nicht zur totalen Verlagerung der Interaktion ins Internet, so ist eine hohe, lose Kontaktfülle Spezifikum solcher Online-Plattformen und werden, falls sie einen Mehrwert generieren, nur ungern vermisst werden wollen.

Die Individuen geben Informationen und Daten an unzählige Dienste und Plattformen weiter, bis sie durch ihr Verhalten den "Markt" monopolisierten, mindestens oligopolisierten, und eine Konzentration auf einige, große und damit einflussreiche "Spieler" beendet wurde.
Dann tritt man ins Stadium ein, in welchem es nicht mehr relevant ist, möglichst breit und diversifiziert aufzutreten, sondern in den "Netzwerken" der großen "Spieler" möglichst breit und intensiv vertreten zu sein.
Alle eingegebenen Daten, also auch die, man man später eventuell nach einer Konzentration nicht mehr benötigt, lassen sich so leicht aber nicht mehr löschen.

Im Allgemeinen bestimmen Betreiber "asozial", da monopolisitisch, über Datenerhebung und deren interne Verwendung; externe Datenweitergabe wird deutlich kritischer betrachtet und von Nutzern hinterfragt.
Das prinzipielle Geschäftsmodell allerdings lässt sich dadurch nicht angreifen oder negieren, da ansonsten die gesamte Existenz der Plattform thematisiert würde.
So sind in allen mir bekannten Communities, bis auf Facebook vom Hören-Sagen, keine Möglichkeiten geschaffen nach einer Anmeldung anderen Nutzern/Profilen gegenüber tatsächlich "stealth", also "unsichtbar" aufzutreten. Gewisse Datensätze sind immer sichtbar, egal ob diese Einstellung gewählt wurde, oder nicht. Meist ist genannte Einstellung so nicht verfügbar, eine Wahlmöglichkeit liegt also erst gar nicht vor. Bislang scheint es diesbezüglich ein "stillschweigendes Agreement" zu geben.
Die Betreiber haben kein Interesse an Fakes oder leeren Profilen, da diese nur Kosten und keine Formen des Gewinns abwerfen. Daher werden gewisse Daten zwingend abverlangt, um mit diesen "Stammdaten" einen Mindestverwertungserfolg zu erzielen.
Und andere Daten werden automatisch und nicht änderbar freigegeben um eine spätere mögliche Verwertungskette nicht schon im Keim zu ersticken.

So werden die "Nick", teilweise "Klarnamen", bis vor kurzem noch tatsächlich zutreffend, öffentlich freigegeben um eine "Suchmöglichkeit", also letztlich das Auffinden der Daten durch einen Dienst oder Profilnutzer zu ermöglichen und auf einer Verlinkung basierend weitere Plattformvernetzungsmöglichkeiten zumindest wahrscheinlicher zu machen.
Wodurch erste Nutzen und spätere Gewinnpfade generiert werden.

Organisiert man systeminternen Protest, wie gerade bei Facebook geschehend, kann man nichts grundsätzliches ändern, da Betreiber auf gewisse Notwendigkeiten angewiesen und ebensolchen Handlungsrationalitäten unterworfen sind.
Zuende gedacht kann es zu einer "Demokratisierung" durch das Internet nur auf diesen Gegebenheiten und Rationalitäten kommen.
Der Preis für Meldungen und Bilder per Twitter und Facebook bspw. aus dem Iran sind Monopolstrukturen und gesellschaftliche Einflussnahme und deren Ausbau dieser Dienste.
Dies führt zu einer Erpressbarkeit der anderen, nicht interessierten, oder "leading" User.

Samstag, 10. April 2010

Griechenland, Finanzsystem und Heuchelei und Systemrelevanz

Seit geraumer Zeit wird das Beispiel Griechenland benutzt um allerorten von "Staatspleiten" zu fabulieren.

Ich möchte nun nicht auch noch darauf einstimmen, hohe Rentenzahlungen, die gemäß griechischen Bonisystems gar nicht so hoch sind, und anderes fast schelmisch zu kritisieren.
Auch nicht erneut auf den Umstand hinweisen, dass Staaten der Eurozone Staatsdefizite eben nicht durch Abwertung der eigenen Währung negieren und vermindern können.
Oder ebenso der Auffassung zustimmen, Außenhandelsungleichgewichte trügen zu solchen und anderen Problemen bei, wie dies das Blog "Wirtschaftsquerschuss" oder Albrecht Müller in den "Nachdenkseiten" oder diverser Bücher tut.

Es drängt mich hier einfach festzuhalten, mit welcher Verve und Heuchelei hier über Staaten und Völker hergezogen wird, während tiefer gehende oder schwer wiegendere Probleme nur unzureichend gewürdigt zu werden scheinen.

Ich meine so zum Beispiel die Verschuldung der USA, das "[im] Februar 2010 mit einem Defizit von -220,909 Mrd. Dollar, dass höchste jemals in einem Februar gemessene Staatshaushaltsdefizit aus[wies]"
Es steigt seit Jahren massiv an, der Balkenchart bei Wirtschaftsquerschüsse ist beängstigend, die jährlichen Einnahmen und Ausgaben geradezu grotesk.
Da fehlt schon seit längerem jeglicher Gleichlauf.
Die Staatsverschuldung kennt nur eine Richtung und verläuft exponentiell.

Was unterscheidet Griechenland von den USA?
Gewicht im Wirtschaftssystem bspw. - Nordamerika bspw. macht rund 28 Prozent, die USA 25 Prozent, am weltweiten Bruttoinlandsprodukt aus (Zahlen vom Blog Tradeinvestment); Griechenland dagegen nicht einmal 7 Prozent.
Die Zinssätze der US-Staatsanleihen, das ist der Zins, den die USA zahlen müssen, um sich weiter verschulden zu können, sint trotzdem seit Jahren.
Eine irrwitzige Veranstaltung.
Offensichtlich sind die "privaten Finanz- und Kapitalmärke" davon "überzeugt", dass die USA sich günstig refinanzieren oder aber ihre Schulden jederzeit bedienen können.

Ob dem so ist, oder nicht spielt für mich auch nicht die Rolle.
Es könnte ja auch die Erwartung einer deutlich-kompensatorischen wirtschaftlichen Entwicklung widerspiegeln.

Worum es mit geht:
Wenn der Fall der Zahlungsunfähigkeit einst eintreten sollte, wird es gewisse, heute als grundlegend geltende, Regeln nicht mehr geben.
Ich vergleiche das gerne mit der Enteignung der Aktionäre der Hypo Real Estate (HRE) zur "Rettung" einer "systemrelevanten" Bank.
Damals wurde nicht eindeutig geklärt, was "systemrelevant" eigentlich bedeuten soll und sinnvolle Handhabungen abgelehnt.
Was auch "Sinn" macht, wenn man das Spiel was manche spielen oder allgemein abläuft, erstens weiterhin so ablaufen lassen möchte und zweitens zu verhindern sucht, (notwendige) Maßnahmen auf dieser Basis schon heute zu ergreifen.
Macht man nämlich quantitative Angaben zur "Systemrelevanz" und leitet daraus bspw. die Notwendigkeit zur "Stärkung der Eigenkapitalbasis" ab, müsste man Kreditinstitute dazu zwingen.
Eine Deutsche Bank, in Hochzeiten der "Finanzmarktkrise" mit einer Bilanzsumme von 2 Billionen EUR, könnte man aus solchen Maßnahmen sicher nicht ausschließen.

Sollte es einst zu einer "Zahlungsunfähigkeit" kommen, welche nach betriebswirtschaftlichen Maßstäben nur mehr kodifiziert werden müsste, dürfte es bei einer Mindestschwere des Problems keine "privaten Finanz- und Kapitalmärkte" mehr geben.
Daher auch meine Grundannahme, kein Staat könne im Kern "pleite gehen".
Zumindest kein Staat mit einem Mindestgewicht im internationalen (Finanz-)System.
Wie heisst der Spruch?
"Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert"?
So sehe ich auch die USA an.
Man kann das ganze ausweiten.

Seit 2003 die Aktienmärkte aufgrund der "Dotcom-bubble" zusammen brachen, wurden Zinsen gesenkt und Geldmengen ausgeweitet.
Das geht nun also schon sieben Jahre mit unterschiedlichen Ausprägungen so.
Unsere Antwort ist heute die selbe wie auch schon 2003. Die Grundprobleme scheinen mir zu wachsen.

Um es ganz klar zu sagen: Eine "Pleite" einer USA, welche einen Anteil von einem Viertel am weltweiten Wirtschaften hat, ist für mich nicht nur unvorstellbar, sondern letztlich ganz unrealistisch.
Egal was notwendig sein wird um es entweder zu verhindern, die Probleme zu verschleiern oder lösen, man wird sie unternehmen.

Die Außerkraftsetzung des "freien" internationalen Devisenhandels wäre bspw. nur ein geringer Preis.
Schon aufgrund demokratischer Prinzipien könnte es dazu kommen - so es bis dahin noch "echte" Demokratien und nicht Output-orientierte Pendants gibt.
Bis dahin sträuben wir uns, solches festzulegen oder den Akutfall festzustellen.

Eine andere Option wäre "Geldproduktion", Geldschöpfung und Kontrolle über das Geld in private Hände zu legen.
Das bedeutete mutmaßlich eine Kreditlosigkeit für sich über Gebühr verschuldende Staaten.
Allerdings ist die heute auch schon offensichtlich hohe Staatsverschuldung kein Grund für höhere Refinanzierungskosten auf den Kapitalmärkten.
Man könnte dies allein mit dem Intervenieren der nationalen, also staatlichen, Notenbanken erklären.
Wären diese privatisiert, müssten sie bei Exzessen aber ebenso eingreifen.
Und wer wäre dann der "lender of last resort"?
Wer sollte den IWF refinanzieren, wenn die USA zahlungsunfähig würden und sich auch keine neuen Mittel mehr besorgen könnten um den Fonds auszustatten, der in anderen Ländern, wie bspw. Griechenland, eingreift?
Wenn auf Geld von Steuerzahlern zurückgegriffen werden soll, gerade um Entitäten zu finanzieren, mit denen man individuell gar nichts zu tun hat, wird das auch mit Eingriffsrechten verknüpft sein müssen.
Oder es führt dazu, dass nahezu alles als "systemrelevant" deklariert wird - wünschenswert ist das nicht.

Durch die Aufhebung des Devisenhandels wäre es möglich, Währungen gegeneinander unbestimmt abwerten zu lassen und sich Schulden zu erlassen.
Fraglich ist ja auch, ob wir die bereits international angesammelten Schulden überhaupt "abzahlen" können - zumindest in heutigen Standards.

Das, was da mit Griechenland abläuft, lässt sich nur mit einem Staat machen, dessen Anteil am Welt-BIP eher gering, bzw. nicht "systemrelevant" hoch ist.
Und anstatt die eigene europäische Politik im Hinblick auf die Eurozone zu überprüfen, vertiefen und eigene Instrumente wie den einst angedachten "EWF", Europäischen Währungsfonds, zu konzipieren, werden die Bindungen zu den USA auf Umwegen erhöht: Indem man den IWF an den Kreditfinanzierungen Griechenlands beteiligt.
Und wie schwierig die Reform des IWF ist, sollte aus den letzten Jahren durchaus bekannt sein.
Ebenso Bestrebungen bspw. lateinamerikanischer Staaten eigene Währungsfonds zu gründen und aus den Eingriffen bspw. in Argentinien zu lernen.
Für die Chinesen ist solches nicht nur vorstellbar, sondern aufgrund des schwachen und durch die USA praktisch unbegrenzt abwertbaren US-Dollars zu erwarten.
Die durch Exporte überschüssigen Dollarreserven in amerikanische Aktien, wie die Citigroup, zu investieren, dürfte absehbar auch eher frustrierend sein. Allerdings erhöht es eine systemstabilisierende oder durch einen Dominoeffekt -gefährdende Interdependenz.

Die Pleite einer Bank war da nur ein Anfang, ihre doch eher "mühsame" Verstaatlichung ebenso.
Diese Diskussion wird man irgendwann nicht mehr führen müssen, sollten sich existenzielle Grundlagen nicht ändern.

Mittwoch, 7. April 2010

Kurzkritik der Postdemokratie

Was ist "Postdemokratie" oder "post democracy"?

Laut eines Artikel in der Zeitschrift "Aus Politik und Zeitgeschichte" gemäß "Leadership"-Forschung eine Form der Demokratie, welche stärker auf einen im Weber'schen Sinne "charismatischen" Füher setzt als auf "klassische" partizipativ-libertäre Vorstellungen der Demokratie als Entscheidungsartikulation des gesamten Volkes gemäß Willen und Wünsche ebendessen setzt.

Gemäß Ritzi/Schaal lässt sich eine solche "Postdemokratie" oder "leadership democracy" bzw. funktionalistisch-exekutiver "respobsible government" an vier Merkmalen festmachen:
äußerliche, institutionelle Resposivität und deren formale Prozeduren, Befreiung von Partei- und Regierungspolitik von "Ihalten" sowie diskursiven Handlungsalternativen, ein stärkeres Einwirken des zunehmenden Zusammenhangs von politischen und ökonomischen Akteuren sowie eine de facto Entmachtung der Bürger.

Der Beitrag bleibt erfreulich sachlich und in seiner Beschreibung sehr ergiebig, macht es mir umso leichter gewisse Kritikpunkte und eigene Gedanken diesbezüglich zu formulieren.
Dies möchte ich nachfolgend im ersten Ansatz ausführen.

Das outputorientierte Legitimationsmodell könne dem Phänomen der "Politikverdrossenheit", so der Wahrnehmung von mangelnder Handlungsfähigkeit politischer Akteure und darauf basierender Unzufriedenheit Intensität und Einfluss nehmen, so kann man argumentieren.
Allerdings ist dieser Begriff ein qualitativer, bzw. steht für eine qualitative Bewertung: So lässt sich das Maß der "Politikverdrossenheit" keineswegs nur an Wahlaffinität und tatsächlichen Wahlhandlungen der im politischen System befindlichen Einwohner, des "Staatsvolkes", ablesen.
Wird mangelnde Entschlossenheit und Handlungsfähigkeit politischer Akteure beklagt, so sind dies sämtlich quantitative Kategorien.
Hier wird also vieles grundhaft durcheinander geworfen.
"Entschlossenheit" an sich kann kein "Wert" im Wortsinne sein, ich pflege manchmal Vergleiche derberer Art zu wählen, welche ich mir nun ersparen möchte.
Zumal ein "diffuses Lernen" der Einwohner als Zweibahnstraße geben kann: Durch ein "Zuviel" an "Entschlossenheit" und "Handlungsfähigkeit", gerade in quantitativer Hinsicht, wird nicht "Widerstand", sondern auch Unterordnung und Gefolgschaft wahrscheinlicher.
Und "Gefolgschaft", bzw. stillschweigende Zustimmung, könnte man heute bereits zynisch als "Politikverdrossenheit" einordnen. Dann allerdings positiv konnotiert. Wodurch ein zunächst kritisierter Befund ex-post facto legitimierend zu etwas akzeptiertem würde.
Zumal nicht erwartet werden kann, dass die Einwohner eines Staates selbst "Grenzen" dieser Handlungsautonomie oder Entscheidungsfreude sehen oder sehen wollen. Gerade weil prinzipielle "wahlmöglichkeiten" auch in einer "Postdemokratie" erhalten bleiben.

Es könnte damit zu einer selbstverstärkenden Kaskade solcher Wünsche und Erwartungen kommen.
Begrenzt werden kann dies wiederum nur durch ein starkes Institutionengefüge.
Gerade das aber wird indirekt als "Grund" für die Wandlung zur exekutivlastigen "leadership democracy" angeführt - ein im Mindesten bestehendes Spannungsfeld ist zu erwarten und kann also auch dadurch nicht aufgehpben werden, wenn der Weg zur "autoritären Herrschaft" nicht beschrtitten werden soll.

Interessant auch die Ansicht, "[...] Bürger würden den Wert der Handlungen erwartungsgemäß ex post anerkennen. [...]".
Output-Steuerungen des politischen Prozesses ändern aber nichts an den Grundproblemen, in Reaktion auf welche sie an sich aufs Schild gehoben werden: Pluralisierung der Lebenswelten, Ökonomisierung des Politischen durch raumgreifende Markterfahrung und -steuerung sowie geringere Verhandelbarkeit politischer Erwartungen der Bürger.
So müssen solche Ansätze entweder "erziehen", also überzeugen, oder benötigen den ex-ante unmündigen und ex-post mündigen, "verständigen" Bürger.
Weshalb die Einsicht eines Bürgers gerade nach einer von ihm nicht getroffenen Wahl und den von ihm zu tragenden Konsequenzen so viel intensiver Ausgeprägt sein sollen, erschließt sich mir nicht.
Hier muss man auch ein spezifisches Menschenbild zur Funktionsgrundlage annehmen: Es spricht nämlich nichts dafür, dass passive Bürger ihren Willen in Input-legitimierenden Systemen sehr rege und damit "entscheidungsgefährdend" vertreten, während ebendies Voraussetzung für die ex-post Zustimmung zu einer Entscheidung geradezu angenommen zu werden scheint.

Etwas wichtiges, damit in Verbindung stehendes ist nicht unproblematisch: Zunächst definieren "Experten" und externe Zirkel/Kreise was politisch-inhaltlich "wichtig" sei. Themensetzungen und -befassungen erfolgen zwar weiterhin durch das Parlament, doch eine kritisierte Verlagerung ist eher wahrscheinlich.
Des Weiteren ergeben sich Fragen nach der Steuerbarkeit des Systems selbst. Und zwar nach "postdemkratischen" Entscheidungen des politischen Systems.
Die "Änderungsfähigkeit", bzw. Systemdynamik dürfte zugunsten von bis zu einem geiwssen Grade durchaus wünschenswerter Stabilität abnehmen.
Dem soll wiederum der "leader" entgegen wirken.
Konsequent zuende gedacht läuft das auf einen abgehobenen politischen Steuerungsprozess hinaus, in dem bestenfalls der "political leader" über Themen, Prozesse und Implementationen bestimmt.
Die Kosten einer "großen Reform", deren Blockade Befürworter gerade aufheben und zur Revitalisierung der Systemdynamik betriagen wollen, bedingen ab einem gewissen Punkt Stabilität bzw. Statik.
So der "lernende" Bürger am Ende der Implementation einer politischen Entscheidung nicht zufrieden wäre, könnte es zur Artikulation dieser Unzufriedenheit kommen.
Möglicherweise möchte man sogar zum Status Quo ante zurückkehren, was allerdings mit den "hohen Rückkehrkosten" negiert werden könnte. Gerade vermeindliche "Zwänge" wie Haushalt, Währung oder Schulden ließen sich dafür sehr leicht instrumentalisieren.
Instrumente wie eine "Schuldenbremse" tragen zur Legitimierung einer solchen Ansicht bei.

Somit könnte dem Bürger kommuniziert werden, dass die Opportunitätskosten nicht nur geringer, sondern nach einer "Einarbeitungszeit" auch ein besseres Funktionieren des neuen Systembestandteils zu erwarten sei.
Belastbare Zahlen müssen und können dafür sinnvollerweise nicht geliefert werden und ein Verweis auf die "positivere Vergangenheit" wird anhand des für die Reform notwendig gewesenen Agendasettings nur wenig Chance auf Gehör haben.
Das bedingt also den Beibehalt von einmal getroffenen Entscheidungen, sofern sie nicht exklatant und für eine überragende Mehrheit sichtbar "schlechter" sind, als denkbare Alternativen.
Somit trägt die Idee der "Postdemokratie" gerade zum Phänomen bei, welches sie ursprünglich auflösen will: "Unreformierbarkeit" des politischen Systems.
Was aber nach den "richtigen" Inhalten vermutlich gar nicht mehr so schwer wiegen dürfte.
Dadurch wird der Bürger nicht nur "de facto" entmachtet, wie von Kritikern angeführt. Der nachherige denklogische Alternativenmangel verunmöglicht auch die Entfaltung der demokratischen Output-Komponente. Zu entscheiden gibt es nichts mehr und eine Rückkehr ist ab einem gewissen Kosten- und Implementationsniveau zumindest sehr erschwert.

Die ursprüngliche, parlamentarische und regierende, Mehrheit kann zwar weiterhin abgewählt werden.
Doch ist das in diesem Zusammenhang geradezu unerheblich, ja grotesk: Die neuen Mehrheiten müssen aufgrund externen Zwänge am Weiterbestehen des vorher exekutierten interessiert sein.
Dazu tragen u.a. genannte Kosten bei.
Das ist auch, was zu den "Ähnlichkeiten" der Parteien beiträgt.
Das aktuelle Beispiel der FDP ist durchaus instruktiv: Die Wahl gewonnen mit Steuersenkungsankündigungen, Senkung der Sozialversicherungsbeiträgen und ähnlichem, bedingen "Zwänge" wie (Neu-)Verschuldung nun ein Verhalten, welches alte Entscheidungen nicht nur verteidigt, sondern nortwendig auch eigene Haltungen verändern muss.
Schließlich muss die Partei gerade ihrer (Wähler-)Klientel gegenüber kommunikativ-argumentativ auftreten.
Dies wiederum bedingt die Ansicht von "Handlungsunfähigkeit" und "Unentschlossenheit" durch die Bürger.
Das zeigt, dass das Konzept der "Postdemokratie" kein eigentlicher Ausweg aus diesem Dilemma darstellt.

Bis zu einem gewissen Punkt war dies schon immer so und nennt man "Systemstabilität" oder "Verlässlichkeit".
Die neue Qualität wird durch die Reformkosten und vorallem die folgen für die spätere, post-election Legitimation bestimmt.
So nimmt die Bedeutung der Neuwahl einer parlamentarischen Mehrheit und damit indirekt einer Regierung ab.
Das ist in etwa das, was mit der Chiffe, die FDP müsse erst einmal "in der Regierung ankommen" gemeint ist.
Konformes, anpassendes Verhalten.
Dies wird medial teilweise geradezu erwartet und janusköpfig in späterem Atemzug kritisiert: Ununterscheidbarkeit der Akteure.