Montag, 25. Oktober 2010

Zukunft der #SPD? Mehr voneinander wissen.

Vor ein paar Jahren war ich bei einer Veranstaltung zum Zukunftskongress der SPD Sachsen.

Damals sprach ich mit der Geschäftsführerin des Unterbezirks Vogtland, Sachsen.
Ich erinnere mich noch bruchstückhaft von "Problemen" gefaselt zu haben, wenn Parteien, u.a. auch die SPD, sich nicht "änderten".
Ich zielte auf Mitgliederentscheide und Direktwahlen des Parteivorsitzenden durch alle Parteimitglieder ab.

Schon damals war mir klar, dass sich Parteien ändern müssten.
Allerdings war ich weit optimistischer was deren Existenzberechtigung und -dauer innerhalb des politischen und gesellschaftlichen Systems der Bundesrepublik Deutschland (BRD) betraf.

Die Direktwahl hielt ich für notwendig, da es schnelle, unklare Parteivorsitzendenwechsel zu erfahren gab.
Mir war nicht klar, weshalb in der kuzren Zeit so viele verschiedene Personen ins Amt und aus dem Amt gehoben werden mussten.
Ein Plebizit ermöglichte direkte Bestimmung und könnte daher die Identifikation der Mitglieder mit diesem Amt und der Person erhöhen.
Allerdings tut sich auch hierbei ein ähnliches "Problem" auf wie bei einer möglichen Direktwahl des deutschen Bundespräsidenten: Ein gewisses "Machtgleichgewicht" könnte zugunsten des direkt-gewählten Amtes verschoben werden.

Schlussendlich ist die Diskussion zwischen direkter und repräsentativer Demokratie zu führen.
Schließlich ist die Parlamentsfraktion und ihr Vorsitzender in einer Regierung ggf. stärker eingebunden als der Parteivorsitzende.
Dem ist gleichwohl schon heute so; sofern sich keine externe Anspruchshaltung zusätzlich zur heute bereits vorhandenen ergäbe, spräche wenig gegen eine oben genannte Änderung.
Allgemein müsste man davon ausgehen, dass es handelnden Personen möglich sein sollte, ihre Ämter und Kompetenzen zu vermitteln.
Dies geschieht auch heute schon, optimalerweise ohne mediale Verarbeitung.
Oder absichtlich medial lanciert.

Ein direkt gewählter Vorsitzender garantiert allerdings nicht per se eine verbesserte Außenwahrnehmung einer Partei, ist im Gegenteil eher ein "Signal" an die eigene Mitgliedschaft.
Welches es in der SPD meiner Ansicht nach benötigt.
In den letzten Jahren herrschte eine gewisse "Sprachlosigkeit", allerdings kam mir auch nicht der Eindruck, dass dies von intern oder extern geändert werden sollte.
Irgendwann kam es dann meiner Ansicht nach zu einer "Wende": Die Mitglieder erlangen langsam mehr Wissen voneinander. Medien wie Facebook oder Twitter sollten eine deutlich bessere Vernetzung ermöglichen.
Nicht zuletzt durch teils drastische Wahlniederlagen sollte der innere Druck weiter zunehmen.

Nun schlagen einige (Vorwärts blog) vor, die SPD solle "sexier" werden.
Allerdings wird da kaum etwas sinnvoll konkretisiert.
Diskutiert wurde auch "Ortsvereine - Pro oder Contra".

Solange man aber die Gründe für Wahlniederlagen und Unzufriedenheit des Elektorats mit einer Partei nicht zur analytischen Grundlage nimmt, wird man keine sinnvollen Lösungsansätze finden können.
Man wird sich inhaltlich Rechenschaft ablegen und Diskussionen stellen müssen.
Beispielsweise gelang es den Agenda2010-Befürwortern meiner Ansicht nach bis heute außerhalb der veröffentlichten Meinung nicht vollständig, die damalige Rot-Grüne-Reformpolitik als "notwendig" und "sinnvoll" zu etablieren.
Wer wird aber eine Koalition wählen, die für eher "schlechte" Politik bekannt wurde, die "nicht besser" war als andere?
Der Slogan "Die Anderen sind noch schlimmer als wir" trägt nicht nur nicht weit, trägt auch keine Perspektive in sich.

Ich sprach per Twitter mit einem Parteimitglied über die Vernetzung der Mitgliedschaft.
Natürlich sprach er zurecht die faktische Konzentration jeglicher Ortsvereinsarbeit auf die Kommunalpolitik an.
Trotzdem ist es meiner Ansicht nach existenziell über eine weitergehende Vernetzung der Mitgliedschaft nachzudenken.

Wir wissen schlicht und einfach viel zu wenig voneinander.

Diskussionen in den Ortsvereinen, selbst wenn sie landes- oder bundespolitisch motiviert sein sollten, gelangen anderen kaum zur Kenntnis.
Wobei auch durch die beispielhafte Befassung mit Projekten oder Handlungen anderer Ortsvereine Wissenstransfer stattfinden könnte, welcher nicht im WHB zentriert wäre.

Ich könnte mir beispielsweise eine Webcam-Zuschaltung internetaffiner, aber distanziell verhinderter Ortsvereinsmitglieder zu Versammlungen und Veranstaltungen vorstellen.
Oder wenigstens die Aufnahme der Sitzungen auditiv oder audiovisuell mit nachheriger Beigabe an die Mitglieder, wie das bei Parlamentssitzungen bereits usus ist.

Die Informationen sind zu weit verstreut.
Wenn ich etwas über unseren Bundestagsabgeordneten wissen möchte, muss ich dessen Website aufsuchen.
Die meisten Websites laden allerdings vermutlich absichtlich nicht zu Diskussionen ein, setzen weiterhin auf Frontalinformation des passiven Konsumenten.
Projekte wie "meinespd.net" sind de facto verwaist und wertlos.
Facebook bietet schon heute weit mehr.
Dabei sind solche Communities einzig auf einem Fakt "aufgebaut", bzw. machen sich ihn zunutze: Informationsmonopolisierung.
Je mehr User, desto mehr Information.
Je valider, desto mehr "value" content.
Eine Community, angebunden an eine globale SPD-Datenbank wäre genau das Richtige um den Mitgliedern schnelle Kontaktmglichkeiten zur Verfügung zu stellen.

Dann aber bitte nicht Optionen und Tools von externen Webmastern allein zur Verfügung gestellt oder von Funktionären oder der Spitze verordnet bzw. verhindert.
Filme, Protokolle, Audionachrichten, Blogs, Texte, Fotos, Ortsvereinsverbindungen, eine kleine Mitfahrzentrale direkt für Mitglieder, etc.
Alles das ließe sich auf so eine Community zentral aufsetzen.
Natürlich unter Einhaltung notwendiger Datenschutzregularien.
Später könnten öffentliche Abstimmungen und Votings zu interessanten Themen folgen.

Der interne Schlüssel der Parteien liegt in offener, schneller Kommunikation und Mitgliedervernetzung.
Und zwar keine Vernetzung um zu "Vernetzen" - dieses Wort wird mittlerweile auch schon inflationär und ideologisiert verwendet.

Vielleicht sollte man über effiziente Wege zur Verbindung der Community mit anderen "Sozialen Netzwerken" nachdenken.
Gesetzt den Fall, dass man zukünftig gerade viele Jugendliche über diese Kanäle wird finden und ansprechen können.

Samstag, 3. Juli 2010

#Köhler, #Gauck, #Wulff und die Wahl zum #BP in der #bv10 #mygauck

Eigentlich wollte ich mich zur, irgendwann zum medial-vermittelten Zirkus ausgearteten Bundespräsidentenwahl nicht weiter äußern.
Einige Dinge und kontrafaktische öffentliche Äußerungen nötigen mich allerdings dazu.

Zunächst trat Horst Köhler in einer für sein Amt selbst "unwürdigen" Art zurück, verhielt sich fast wie ein Kind als er dies in der Pressekonferenz im Schloss Bellevue erklärte.

Ideologisch stand Köhler mir niemals nahe, weshalb ich mit seinem Rücktritt kein Problem habe.
Trotzdem ist der Anlass selbst eher nichtig.
Zwar war seine Äußerung zur Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen mittels militärischer Gewalt im Anschluss an seine Afghanistanreise nicht nur "missverständlich", wie dargetan, sondern schlicht einfältig und dumm.
Mit einer solchen Äußerung stellt man sich per se außerhalb des bundesrepublikanischen Verfassungskonsens, der jegliche Angriffskriege verbietet und nur Verteidigungskriege sowie UN-legitimierte Einsätze bzw. Landesverteidigung ermöglicht.
Beides trifft in Köhlers Ansinnen wohl nicht zu.

Im Allgemeinen stand Köhler der Finanzindustrie und auch dem ständig so einseitig kritisiertem "Neoliberalismus" für meine Begriffe zu nahe.
Allerdings müsste man lange suchen, wenn man etwas substanziell "Gegeteiliges" in den bundesrepublikanischen Eliten auftun wollte.
Daher mutete mir seine Kritik an den "Monstern", den Banken, äußerst durchsichtig und fragwürdig an.
Als ich sie zum ersten Male hörte war ich fast sprachlos: Solch eine Äußerung passte einfach nicht zu Köhler und seinen sonstigen Äußerungen.
Des Weiteren trug sie nichts sinnvolles zu Veränderung im Denken oder praktischen politischen Handeln bei.
Bis dato war er auch eher blass geblieben - für mich aber kein großer Kritikpunkt.

Tatsächlich bedauerlich und geradezu infam find ich die Auflösung des Parlaments im Jahre 2005 durch Köhler, welche im Nachhinein zur Machtübernahme der Großen Koalition durch Wahl führte.
Dieses Vorgehen war kodifikatorisch-verfassungsrechtlich legitim, verstieß meiner Ansicht nach aber nach dem Inhalt und Ansinnen der Verfassung. Meine Auffassung wurde vom BVerfG nicht geteilt.
Die Begründungen, die übermäßige Krisenrethorik Köhlers mutet schon seltsam an, überlegt man sich den wirtschaftlichen "Einbruch" der letzten Jahre - ein Sinken des BIP von bspw. 5%.
Solches war zum damaligen Zeitpunkt weder sichtbar noch erwartbar.
Trotzdem begründete Köhler damit seine Zustimmung zur Auflösung des Parlaments nach getürkter vertrauensfrage Gerhard Schröders.
Hier zeigt sich der Durchgriff prinzipiell ideologischer Denkansätze und Wünsche mit praktisch politischem Handeln.
Und es zeigt, dass im BVerfG sowie Bundespräsidialamt "nur" Menschen sitzen, deren Gestaltungswille selbst mehr bestimmt als die tatsächlich stattfindende Gestaltung.


Nun wurde am vorigen Mittwoch der Kandidat der Schwarz-Gelben Koalitionsregierung im Bund zum Nachfolger Köhlers durch die 14. Bundesversammlung von Bundestag und Bundesrat gewählt.
Diese Wahl war in der Konsequenz absehbar, allein die Art und der Zeitpunkt disponibel.

Im Gegensatz zu vielen anderen sehe ich in der eher "späten" Wahl, dem dritten Wahlgang, für Schwarz-Gelb nicht nur keine aufziehende Instabilität, sondern sogar "das Beste, was ihnen passieren konnte".
In den ersten beiden Wahlgängen wurde die absolute Mehrheit jeweils verfehlt, Abgeordnete der Koalition konnten sich also mutmaßlich Gehör für das als "suboptimal" wahrgenommene interne Klima verschaffen.
FDP-Abgeordnete konnten sich bspw. zwei Mal ihr "Mütchen" kühlen und deutlich machen, dass sie evtl. doch gerne Gauck gewählt hätten.
Dieses Ventil war notwendig.
Als es dann im dritten Wahlgang mit der absoluten Mehrheit zur Wahl Wulffs reichte, zeigte das Stärke.
Wenn es darauf ankommt, steht die Mehrheit obgleich sie nicht einmal notwendig war; die einfache Mehrheit war ihm ohnehin fast sicher.

Vor diesem Hintergrund verblassen als "Achtungserfolg" wahrgenommene Wahlergebnisse Gaucks.
Im Allgemeinen sehe ich wenig Grund und Anlass zu dessen plötzlich massiv gestiegener Popularität und Medienpräsenz.
Die Menschen und Medien benutzen ihn für etwas, was er expressis verbis ablehnt: Gegen den "Parteienstaat".
Wiewohl Parteien als solche unabhängig spezifischer Charakteristika, Richtungen und Führungseliten weiterhin die beste Option zur dauerhaften, systematischen und an Änderungen interessierten Kanalisierung von Interessen und deren Artikulation darstellen.
Jede "Freie Wählervereinigung" ist letztlich eine Partei, ob gewünscht oder distanziert oder nicht, jede "Anti-Partei" also selbst "Partei".
Und Parteien im Übrigen Vereine.
Aber das ist eine andere Sache.

Bei äußerem wachsenden Druck neigen geschlossene Systeme zur Erhöhung des inneren Drucks.
In diesem Falle führt er zur Konsolidierung.
Da die FDP momentan äußerst schlecht dasteht und ein fast desaströses veröffentlichtes Bild abgibt kann sie kein Interesse an bspw. Neuwahlen haben.
Damit ist nicht davon auszugehen, dass die parlamentarische Mehrheit zur Disposition steht - und nur darauf kommt es letztlich an.

Vielmehr glaube ich, dass sich die Festigkeit und Stabilität durch äußeren Druck sogar festigen wird.
Innerhalb der Parteien werden die Messer gewetzt; im Gegensatz zur Bundeskanzlerin wette ich nicht auf den allseitigen Ämterverbleib eines Guido Westerwelle in der FDP.

Durch den klaren und eindeutigen Wahlgang, durch die Präsenz der Stärke einer absoluten Mehrheit bei Notwendigkeit einer relativen, machen die Abgeordneten aber auch einen Willen deutlich.
Medial wird man das nicht so leicht zerreden können obwohl sich die SPD und andere Oppositionsparteien nachvollziehbar und richtigerweise viel Mühe geben dies als Misserfolg darzustellen.

Auffällig war wieder einmal, wie schnell es ein urkonservativer Mann wie Gauck zu solcher öffentlicher Bedeutung bringen konnte.
Stoiber meinte bei Illner zuletzt, Gauck sei wahrscheinlich "noch konservativer" als Wullf.
Womit er sogar richtig liegen dürfte.
Der Vorschlag durch Rot-Grün und dessen Art und Weise muten daher äußerst durchsichtig an.

Das Scheinargument, durch eine Wahl Gaucks hätte sich die LINKE auch öffentlich ihrer "DDR-Vergangenheit" entledigen können, ist mithin nicht nur durchsichtig sondern schlichter Unsinn.
Kein Medium wie der Spiegel bspw. ließe sich von genannten Berichterstattungen durch einen von der LINKEn unterstützten Bundespräsidenten abhalten.
Und u.a. darum geht es.

Am Ende ist egal, wer in Bellevue präsidiert - aktiven politischen Einfluss hat er ohnehin kaum.
Er kann, wie bei der Parlamentsauflösung 2005 und einiger verweigerter Gesetzesunterschriften zu sehen, positive und negative Entscheidungen treffen.
Er ist auch nur ein Fähnchen im Wind.
Da er nur eine einzige Person darstellt, glücklicherweise ohne größere Kompetenz.

Ich plädiere im Kern schon seit Jahren für eine Verfassungsänderung zur Abschaffung dieses Amtes.
Eine Wahl durch das Volk könnte nur mit einer weiteren Kompetenzreduktion einher gehen.
Dass dazu die Verfassung und Stückweit deren Gefüge verändert werden müssten, ist nicht verwunderlich.
Das Amt des Bundespräsidenten allerdings ist kein sinnvoller Ansatzpunkt zum Ausbau partizipativer demokratischer Elemente. Diese sollte schon in den Parteien Einzug halten.

Es gab dann auch noch Stimmen, die nach einem "Bürgerpräsidenten" suchten oder suchen wollten.
Solches ist natürlich antidemokratisch, fast aristokratisch-autoritär.
Es gibt keinen "Präsidenten für das ganze Volk", weil es schon kein "Volk" als monolitisches Wesen gibt.
Dies wäre für eine Kollektivrepräsentanz aber mindestens notwendig.
Alles andere muss notwendigerweise zu Mehrheitswahlen und daher Pluralrepräsentationen führen.
Weshalb eine Amtsvergabe ohne "Wahlkampf" ebenso vordemokratiosch illusionär anmutet.
Diese Zeiten gab es nie und mutmaßlich wären sie auch für immer vorbei.
Ich erwarte eine massive Repolitisierung und Repolarisierung.
Wie auch immer sind Rufe nach "einem Präsidenten", der alles und jeden integrierte suchen nach einem "Führer" alten Gewandes. Und damit unsinnig und falsch.

und das von denen, die sich selbst als ach so groß Demokraten im Gegensatz zum "Parteienstaat" feiern.

Mittwoch, 2. Juni 2010

Anmerkungen zum #Leitantrag des Landesparteitages der #SPD #Sachsen

Bei der Betrachtung von Parteiprogrammen und Weichenstellungen widme ich mich ja gerne Leitanträgen, in diesem Falle dem Diskussionsentwurf zum Leitantrag der SPD-Sachsen, Stand 05.03.10.
Die schließlichen Leitanträge enthalten die bereits mehrheitlich abgestimmten Änderungsanträge und sind meist "abgeschliffene" Versionen.
Echte "Änderungen" und Differenzen lassen sich daher nur in Initiativ-, Änderungs- und/oder Diskussionsanträgen bzw. Diskussionsentwürfen erkennen.

Der Diskussionsentwurf zum Leitantrag trägt den Titel "Fortschritt und Gerechtigkeit" und besitzt 14 A4-Seiten.

In Zeile drei beginnt man mit einem Versuch, Diskussionen zu den schlechten letzten Wahlergebnissen mit einem quantitativen Fakt zu beenden: "[...] Wir befinden uns jetzt knapp ein Jahr nach den für die SPD verheerend verlaufenen [Wahlen].".
Dies soll verdeutlichen: Wir diskutieren nun schon so lange, nun müssen wir nicht nur etwas zu Papier bringen, sondern auch damit aufhören. Dieses Motiv, was ich für falsch halte, da es die Problematik der Partei unterzeichnet, zieht sich durch den gesamten Entwurf.
Insgesamt spielt die Aufarbeitung der Wahlniederlage eine kaum sichtbare Rolle; ab und an schwingt Bedauern oder Agitation gegen Schwarz-Gelb mit.

Ein zunehmend beliebter, wenn auch äußerst kruder Fakt betrifft eine kreative Wortschöpfung, die mich mittlerweile nur noch zum Kopfschütteln bringt.
Da wird in Zeile 12 davon gesprochen, die "SPD als linke Volkspartei" sei "fest verankert in der Mitte der Gesellschaft".
Grotesker mutet dann nur noch der von mir einige Male gehörte Verortungssatz, die SPD sei eine "linke Volkspartei der Mitte" an. Für mich spricht dies weniger für Beliebigkeit als für Konfusion. Beziehungsweise der krampfhafte Versuch etwas wie "links" mit einer anonymen "Mitte" in Verbindung zu bringen und sich selbst dort zu verorten. Dass sich in den letzten Jahren sowohl "Mitte" als auch "Links" inhaltlich wie positional veränderte und - meiner Ansicht nach - eine zunehmende diesbezügliche Radikalisierung der Positionen festgestellt werden muss, wird dabei gänzlich ausgeblendet.
Zumal sich "der Charakter einer Volkspartei" durchaus aus den Wahlergebnissen und damit Verankerung im Elektorat und nicht nur aus dem Programm ergibt, wie dies in den Zeilen 11 und 12 dargetan wird.

Der Begriff der "wirtschaftlichen Vernunft" wird von der SPD seit Jahren bereits überstrapaziert ohne genau zu benennen, was das sein soll - und noch wichtiger: Wo nach oben und unten Grenzen zu ziehen sind.
So sah sie vor dem Hintergrund praktischer Politik im Bund zunächst keine drängende Notwendigkeit für einen Mindestlohn, bis nach einiger Zeit dann Müntefering auf den Zug der Gewerkschaften und sich konsolidierenden Linkspartei aufsprang.
Die Ausformung des Begriffs "wirtschaftliche Vernunft" benötigte aber eine eingehendere, kritische Befassung mit dem (globalen) Kapitalismus, den die SPD seit Godesberg und Berlin 1989 zu meiden versteht.

Außerdem ist der Satz "Unsere Herausforderung ist es, diese Menschen [solidarische, am Gemeinwohl orientierte Mehrheit; d.V.] für uns zu gewinnen." mindestens irreführend.
Wenn es denn stimmt, dass die SPD als "linke Volkspartei" in der "Mitte der Gesellschaft" verankert ist und schon für diese solidarische Mehrheit Politik machte, weshalb müsste man sie dann "für sich gewinnen"?
Hier wird erneut auf eine Art "Kommunikationsdefizit", weniger ein inhaltliches Politikdefizit abgehoben: Die Agenda 2010 sei auch weniger an inhaltlichen, als kommunikativen Defiziten gescheitert und deren "Notwendigkeit" schlicht nicht verstanden worden.
Hier findet sich also das seit Jahren gleiche und bekannte Motiv wieder, kein Fortschritt, keine Einsicht, keine Selbstkritik oder tiefere Analyse. Wo sollte, bei genannter Verankerung, dann eine "Herausforderung" liegen? Es müsste dann doch eher "einfach" sein, genannte Potenziale zu heben.

In den Zeilen 22-24 wird auf ähnliches abgehoben: "Die SPD Sachsen hat als Regierungspartei in den letzten fünf Jahren gezeigt, dass sie kluge und verantwortliche Entscheidungen herbeiführen kann.". Wenn dem so wäre, gäbe es keine Probleme und keinen Anlass zu Diskussionen, keinen Anlass über "verheerende" Wahlergebnisse zu schreiben oder von "Herausforderungen" zu sprechen.
Das zeigt deutlich, dass weiterhin zwischen den beiden (Extrem-)Positionen laviert wird: Die Einen, die die Regierungspolitik als zwingend und notwendig im Sinne eines "Wählerauftrages" ansahen und -sehen, die anderen, die früh gegen eine Große Koalition opponierten und etwaige Probleme erwarteten und kleinere Bündnisse bevorzugen.
Dies zieht sich seit Jahren durch die Partei und bleibt ungelöst, heraus kommen solche Formelkompromisse, die schon auf einer DIN A4-Seite zu vielen sich widersprechenden oder disharmonierenden Aussagen führen.

Auf Seite zwei geht es mit der Überschrift "Glaubwürdigkeit und Selbstverständnis" doch ein wenig in die Vergangenheit zur Benennung von "Ursachen" für einen "Vetrauensverlust":
"Eine sich sozialdemokratisch gebende Kanzlerin und Union, fehlende Machtoptionen jenseits der Großen Koalition, schwierige Kompromisse in der Bundesregierung oder Entscheidungen, die von großen Teilen der eigenen Partei abgelehnt wurden. Am Ende war die SPD in den Augen vieler Wähler nur noch eine Partei, die nur noch an der Macht bleiben wollte und für nichts mehr stand." (Zeile 36-41).
Allerdings wirft auch das die Frage auf, wie die "klugen" und "verantwortlichen" Regierungsentscheidungen dazu passen sollen und ob die Partei dann schlicht unwillig oder -fähig war, dem eigentlich richtigen Kurs Folge zu leisten. Andererseits ist offenkundig, dass ideologische Differenzen das Problem und die Ursache dessen waren und sind.
Dazu allerdings wird nichts gesagt, dies bleibt fluide und im alltäglichen Handeln auszutarieren.

Interessant auch, dass der Entwurf sehr klar und offensichtlich zwischen "vielleicht" gemachten Fehlern und "Erfolge" in der Regierungszeit unterscheidet.
Dabei ist das Wort "vielleicht" äußerst schlecht gewählt und positioniert, spricht daraus doch eine große und intensive Relativierung derer, die inhaltliche Regierungsprobleme statt einfache Kommunikationsdefizite und von der Bevölkerung nicht oder falsch wahrgenommene Erfolge sehen. Es wird daher in den Zeilen 55-58 auch nicht von "vielleicht erreichtem" gesprochen.
Was die Aussage, Deutschland und Sachsen sei "moderner, liberaler und weltoffener" geworden, so braucht man zumindest für die ersten beiden Zurechnungen und Zielerreichung keine SPD. Auch liberal-konservative Regierungen könnten für ein "liberales" Deutschland sorgen.
Solches sollte eventuell nicht zwingend in einem SPD-Leitantrag auftauchen.

Auf Seite 4 des Entwurfs spricht man vom "Streben nach sozialer Gerechtigkeit" als "Kernkompetenz der Sozialdemokratie".
Wiedereinmal wird "Gerechtigkeit" auch im weiteren Lesen nicht ordentlich definiert, gerade auch was divergierende gesellschaftliche Gruppeninteressen betrifft.
Auch empirische Befunde legen nahe, dass sich die SPD hier auf, bislang, verlorenem Posten befindet, sahen die Wähler diese "Kernkompetenz" zur letzten Bundestagswahl zumindest nicht derart einseitig im Lager der SPD verortet.
Es ist und bleibt somit ein Mantra - notwendig zur Selbstvergewisserung, leider ohne praktische und perspektivische Bedeutung. (Zeile 94)

Der Popanz zur Mitgliedermobilisierung, "im Gegensatz zu uns [Gemeinwohlorientierung; d.V.] setzt die CDU auf ihre dominierende Rolle, sie betrachtet das Land als ihr Eigentum" darf in den Zeilen 112 und 113 natürlich auch nicht fehlen.

Die Linke wird auf Seite 5 in Zeile 117 zur "Alimentationspartei" erklärt - auf weitere Einlassungen, nebst dem Vorwurf damit zur gesellschaftlichen Spaltung beizutragen, wird verzichetet.
Das deutet, nimmt man frühere Verhaltensweisen und Äußerungen bzgl. "mangelnder Regierungsfähigkeit" und anderes hinzu, auf eine langsame Normalisierung hin. Allerdings ist die Situation in ostdeutschen Bundeslänger ohnedies eine andere als im Westen.

Positiv möchte ich die Opposition zu einem "Schuldenverbot in der Verfassung" hervorheben.
Weshalb die Schuldenbremse dann allerdings in der Großen Koalition mit den Stimmen der SPD beschlossen wurde, erschließt sich nur mit einer gehörigen Portion heutigen Populismus' (Zeile 136).

Auf Seite 6 wird unter dem Titel "Fortschritt für Sachsen" mit Allgemeinplätzen und unkritischen Betrachtungen fortgefahren. So äußert man: "Die Globalisierung der Wirtschaft, insbesondere der Finanzmärkte, lässt nationale Gestaltungsspielräume schwinden [...].".
Wie das zur Garantie des kapitalistischen Systems durch die Einzelstaaten in den Jahren 2007-2009 passte, erschließt sich hieraus nicht.
Wiedergekäut wird nur das seit Jahren von interessierter Seite eingesträute Mantra sinkender Spielräume staatlicher (Global-)Steuerung durch Globalisierung. Dass dies bereits seit Jahren der Fall ist und trotzdem einzelstaatliche Maßnahmen notwendig waren, bleibt unbetrachtet.
Solche Aussagen dienen denen, die Regeln und Regulierungen entweder gänzlich ablehnen oder diese abzuschwächen suchen seit Jahren zur Legitimation von staatlicher Untätigkeit; als die Probleme dann aber zu groß wurden und marktelemente längst nicht mehr "rettungs- und steuerfähig" waren, bemühte man doch die Staaten.
Dann aber mit riesigem Erpressungspotenzial aufgrund "systemischer Relevanz" und oligopolisierter Kapitalstrukturen.

Wie man sich selbst verbal ins Abseits stellen kann, liest man dann auf Seite 7.
"Wir haben den Anspruch, die Partei zu sein, die Sicherheit im Wandel sowie Fortschritt und Gerechtigkeit für Sachsen verspricht." (Zeile 179/180).
Ansprüche kann man einige formulieren, das ist nicht schwer. Den Anspruch auf ein Versprechen zu formulieren mutet mir dann allerdings ein wenig fragwürdig an.
Die eigentliche Kernaussage ist viel zu unpräzise, vorsichtig und verklausuliert.

Auf Seite 7 erliest man gar eine Tautologie wenn definiert werden soll was die SPD Sachsen unter Familien versteht: Da ist zwei Mal von "starken Menschen" die Rede, die "Verantwortung füreinander" übernehmen.
Ein erfreulich offener Familienbegriff - in der Ansprache wohl noch nicht radikal genug in Zahl, Tiefe und Umfang beteiligter Personen. (Zeile 186/192)


Ein weiterer Kritikpunkt, den ich nun schon seit Jahren beobachte, wird auf ebendieser Seite weiter unten deutlich: Bildung als allgemeines Heilsversprechen.
Das kritisierte ich bereits in einem anderen Beitrag auf meiner Website.
Bildung wird von vielen mittlerweile als Ausgang aus jeglicher selbst- und fremdverschuldeter wie auch immer gearteter "Unfreiheit" hin zu "Freiheit" oder wahlweise auch "Gerechtigkeit" oder Aufstieg in der Gesellschaft gesehen.
So will man "Bildungsangebote im ländlichen Raum sichern" um "unabhänig von der sozialen Herkunft und Wohnort die besten Bildungschancen lebenslang" zu ermöglichen (Zeile 196/107 sowie 193/194).

Dabei kam mir spontan die Notwendigkeit des kostenlosen öffentlichen Personennahverkehrs in den Sinn; die SPD sollte dies auf allen Ebenen fordern.
Dass man bei "Visionen" zum Arzt gehen sollte, gilt hoffentlich allgemein nicht mehr.
Somit dürften aufgrund sinkender Kinderzahlen nicht alle Schulen und Einrichtungen in ländlichen Räumen aufrecht erhalten werden können; sinnvolle, kostenlose und ökologisch sinnvolle Nahverkehrsangebote tun ohnehin not, nicht zuletzt für die ältere Generation, die kleinere Regionen ansonsten zugunsten der Städte verlassen dürften.

Positiv finde ich das offensive Bekenntnis zu "Bildung" als "ein Wert an sich" (Zeile 202) ohne Reduktion auf Markt oder Beruf. Hier geht die CDU in ihrer "Berliner Erklärung" weit weniger weit - in meinem Beitrag kritisierte ich schon damals die für mich recht deutliche (Arbeits-)Marktorientierung.
Im Zusammenhang mit "Bildung" denkt die SPD offensichtlich auch in hohem Maße vom Individuum her: Dieses müsse sich anpassen, qualifizieren und damit die ihm von der Gesellschaft gebotenen "Chancen" nutzen.
So bspw. auch auf Seite 11, wenn vom "Strukturwandel" der Arbeitswelt die Rede ist und individuelle Beschäftigungsfähigkeiten verändert und "verbessert" werden, sowie Bürgschaften für "notleidende" Unternehmen geleistet werden sollen.
Dabei entledigt sie sich der Problematik, sich mit systemischen Problemen, Problemen kapitalistischer (Güter-)Produktion zu befassen.
Bildung als solche hat Grundvoraussetzungen, die zu schaffen sie selbst nicht in der Lage ist, bspw. Gesundheit.
Ohne ausreichende Gesundheit bringt die beste Bildung nichts, ein funktionierendes Gesundheitssystem ist also eine Voraussetzung für das integrative Funktionieren von Bildungssystemen.
Gesundheit wiederum ist ein Gut, was produziert werden muss, in dem Falle marktlich, kapitalistisch. Bildung selbst kann als aufbauend darauf kein Ausgang aus der Verwertungs- und Produktionsproblematik sein, sondern nur ein kaschierendes Moment.
Mit Bildung entkommt man also auch nicht den grundlegenden Produktionsprozessen derselben und ihrer Grundvoraussetzungen.

Ist übrigens ein Analogon zu den von mir als übermäßig gehypt kritisierten "social" communities - auch diese entkommen den Herstellungs- und Aufrechterhaltungsprozessen der Produktion nicht und können sie daher nur zum Preis ihres Verschwindens aufheben.
Eine daraus entstehende "Generalkritik" am "System" ist also defizitär.

Mit der Orientierung und Leistungsdruckerhöhung auf das Individuum wird es möglich, grundlegende gesellschaftliche (Herrschafts-)Verhältnisse auszublenden.

Der Höhepunkt solch undurchdachter "Konzepte" ist dann folgender Satz:
"Wir wollen Kinderarmut vorbeugen und aktiv bekämpfen. Das beste Mittel für dieses Ziel ist Bildung" (Zeile 223/224).
Das ist Unsinn, schließlich ändert sich der sozioökonomische Standort, die Schichtzugehörigkeit, eines Kindes nicht mit höherer Bildung.
Weil es zum Zeitpunkt des Bildungsprozesses kein marktfähiges und -agierendes Subjekt bzw. Objekt ist, die Eltern aber schon.
Bei diesen lehnt man Transferleistungen allerdings entweder als falsch, "unmodern" oder ineffizient ab. Auch bessere "Bildungsangebote" können nur reparieren und bestenfalls Bildung verbessert ermöglichen, die Kinder aber nicht stante pede aus Armut holen. Das können nur die Eltern, bzw. Familien.
Hier lehnt man direkte Transferzahlungen aber ab. Der Vorschlag auf Seite 9 ist dahingehend interessant: Die Einführung einer "Kindergrundsicherung".
Allerdings bleibt das bereits beschriebene Problem des geringen Alters, mangelnder Volljährigkeit, Abhänigkeit von den Eltern und Marktunfähigkeit der Kinder.
Somit bliebe ein solches "Kindereinkommen" wiederum bei den Eltern hängen und solche Transferzahlungen gibt es bereits.

Was die Kritik an "marktgläubige[r] Ideologie" anbetrifft, muss nicht erst angeführt werden, dass diese dann für die post Godesberg bzw. post-Berlin SPD ebenso gelten muss. (Zeile 231/232)

Was die sächsische Energiepolitik angeht, scheinen einige Genossen nicht verstanden oder gewollt zu haben, dass ein "Einstieg in den Ausstieg" aus der Braunkohle-Verstromung (Seite 10) nicht mit dem sofortigen Ausstieg aus derselben identisch ist.

Das seit Jahren bestehende Thema der Änderung der Sozialversicherungen zugunsten von selbstständigen, Seite 11 Zeile 281f., käme einer kleinen Revolution gleich. Schließlich werden diese nicht nur paritätisch, sondern auch zeitlich synchron und pauschal monatlich finanziert - für Selbstständige teilweise gänzlich unmöglich.

Ein kleiner Punkt, der mir zuletzt strapaziert erscheint, ist das Insistieren auf "Veränderungen" hin zur "Informationsgesellschaft" sowie Wertungen wie "digitale Revolution" und "grundlegende Veränderungen" der Lebensverhältnisse (Seite 11, Zeile 296/297). Wo genau liegen die grundlegend geänderten Lebensverhältnisse, besieht man sich die sogenannte Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2007-2009? Grundlegende kapitalistische Produktionsverhältnisse gelten weiter und absehbare Probleme tradieren sich. Obige Floskeln sollen solches verschleiern. Was in den letzten Jahren auch gut funktionierte.
Beispielsweise wird auf Seite 12 thematisiert, "in der Welt des Internet brauchen Bürgerinnen und Bürger Unterstützung, da sie sonst der gewachsenen Konzernmacht fast hilflos gegenüberstehen" (Zeile 313-315).
Das kennzeichnet schlicht ein Markt- und Staatsversagen. Wobei ersteres gar nicht mal pressiert zutrifft, schließlich tendieren kapitalistische Märkte notwendig zu Monopolen, da diese Gewinnmaximierungen unter Ausschaltung des Wettbewerbs ermöglichen. Das ist aber dann nicht das, was landläufig als "soziale Marktwirtschaft" verstanden werden möchte. Und Staatsversagen, weil dieser im Allgemeinen Monopolbildungen verhindern sollte.
Beides täuscht nicht darüber hinweg, dass solche kritisierten Phänomene längst keine spezifisch-digitalen sind. Sie entstammen der realen Welt, des realen, produzierenden Kapitalismus dessen Bedingungen und Folgen sich dort "nur" tradieren. "Anders" wäre die Losung, nicht "neu".

Link zum Diskussionsentwurf des Leitantrages: http://spd-sachsen.de/sites/default/files/downloads/100305_Diskussionsentwurf.pdf

Montag, 31. Mai 2010

#Lena, #ProSieben, #Raab und übermäßiger, überdrüssiger Medienhype zum #songcontest #esc

Eigentlich gab es heute ein Thema, dessen Aufreger-Intensität zumindest für mich unerträglich hohes Niveau erreicht hatte: Lena Meyer-Landrut, der Eurovision Song Contest, Stefan Raab sowie Prosieben und ARD.

Am frühen Nachmittag legte dann Horst Köhler, seines Zeichens Bundespräsident, mit sofortiger Wirkung das Amt nieder.

Weniger die Ereignisse als solche geben für mich Anlass zur Kritik, sondern deren vorallem mediale Verarbeitung und Kommunikation.
Da wird "Lena", den Nachnamen nennt man sinnigerweise und zur Erhöhung der Identifikation schon nicht mehr, zur "Rettung Deutschland" aus dem "Schuldenjammertal" hochstilisiert.
Ich persönliche finde ja weder den Schuldenberg, noch das Thematisieren desselben kritikwürdig - endlich befasst man sich einmal damit, wenn auch falsch, könnte man meinen.

Deutlich wird aber, dass hier eine Person zu etwas gemacht wird, dass sie nicht ist.
Anscheinend, so entnehme ich es der heutigen Pressekonferenz mit u.a. Stefan Raab, ist sie sich dessen aber sehr wohl bewusst und beherrscht das mediale Spiel. Raab und andere Kommunikationsfachleute dürften briefend auch ihr übriges dazutun.

Bis zur genannten Pressekonferenz mutmaßte ich ja eine gewisse "Naivität" und gar "Dummheit" von Frau Meyer-Landrut, die ich bewusst nicht mehr "Lena" nennen werde; ihr Benehmen schien mir unbewusst, nicht gesteuert und daher nicht in die mediale Verwertung passend.
Schließlich gehe ich davon aus, dass im Sinne kapitalistischer Verwertung nichts längerfristig publik wird und sich halten kann, was nicht mit dem Produktionsprozess "kompatibel" ist.
Und gerade Kritik am System scheint mir inkompatibel zu sein.
Doch gerade das wiederum macht sie für viele Menschen offenkundig so interessant.
Immer wieder wird auf ihre "Frische" und "Offenheit" verwiesen, sie wagte heute gar das Instrument "casting-shows", welches ihr zu ihrem "Erfolg" in Deutschland verhalf, als schlecht darzustellen.
Stefan Raab, der "Ausrichter" lachte.
Wobei ich ihre Auffassung ja durchaus teile, aber doch auf ihren scheinbar schnell-vollzogenen Sinneswandel verweisen muss: Wenn solche Shows "Mist" sind, dann bleiben sie es auch, so man selbst teilnimmt bzw. gar gewinnt.
Da gibt es keine zwei Wahrheiten.

Ich fand den Auftritt der 19-jährigen "Unser Star für Oslo"-Siegerin nicht aufregend oder überzeugend.
Auf mich wirkte er unchoreografiert, in der FAZ gar als "joecockerhaft" bezeichnet, undurchdacht und auch sängerisch wenig überzeugend.

Einzig überzeugendes "Argument" war für mich von Anfang an der Song.
So dachte ich mir nach ein oder zwei Mal hören, er sei als "Hitsong" geschrieben worden, was anhand spezifischer Computerprogramme, Algorithmen und deren Auswertung z.b. mit Hilfe und in Massencommunities wie Facebook und Last.FM nicht mehr das Problem ist.
Der Text und die Melodie sind eingänig, einfach, der Refrain sehr einfach zum Mitsingen.
Nach wenigen Hörzahlen hatte ich einen kleinen Ohrwurm, was bei mir ein untrügliches Zeichen für ein zumindest "akzeptables" Lied darstellt.
Hier gebührt also meiner Ansicht den Autoren mehr Erfolg und Zuspruch als Frau Landrut als Präsentationssubjekt - oder -objekt. Je nach Perspektive.

Grandios in seiner spezifischen Nische natürlich auch Stefan Raab.
Der Song Contest war in den letzten Jahren eigentlich klinisch tot, niemand interessierte sich mehr so recht für ihn und Abgesänge hagelte es ebenso.
Die Änderungen des Regelbestandes bekam ich noch randständig mit.
Dann kommt jemand wie Stefan Raab mit einem spezifischen Namen in der Branche und ProSiebenSat1 Media im Rücken und beginnt große Werbekampagnen für diese Veranstaltung.
Was so gut funktionieren konnte, eben weil sie kaum noch einer auf dem Zettel hatte.
Schon die Show "Unser Star für Oslo" als Qualifikationscasting wurde mit viel Medienpopanz und Werbemacht in den Fernsehmarkt gedrückt - Raab war die einzige Kontinuität und Qualität in der Sendereigenen Jury.
An Auftritte Nenas kann ich mich noch als vollkommen unterirdisch erinnern; Raab allerdings fiel mir schon damals recht zielorientiert und interessiert positiv auf.
Was er macht, macht er, momentan wenigstens, "richtig": "AutoballWM", "Schlag den Raab" und weiteres, dazu fast penetrantes Crossmarketing und Kooperationen mit anderen Sendern, wie bspw. ARD.

In genanntem öffentlich-rechtlichem Sender fiel mir am Abend der Übertragung etwas äußerst negativ auf: Der Reporter/Moderator.
Sowas penetrant "patriotisches", verbunden mit vollkommener Unsichtbarkeit eines ruhigen, rationalen journalistischen Selbstverständnisses kam mir selten unter.
Und das bei einem gebührenfinanzierten Sender; von Privatsendern ist man kaum noch anderes gewohnt.

Im Kern mag ich mit der Übersteigerung sowie Glorifizierung dieses gewinnmaximierenden Prozess' wenig bis nichts anfangen.
Frau M.-L. mag ihre Vorzüge haben, ist 19 Jahre alt und Raab selbst meinte, sie hätte "mit jedem Lied" gewonnen.
Die besitzt ein TV-Gesicht und eine TV-Figur und benimmt sich medienadäquat.

"Gut" und "sinnvoll" wird es dadurch trotzdem nicht.

Für mich bleibt abzuwarten, ob sie ihre Frechheiten auch gegenüber Raab, dessen Produktionsfirma und ProSieben wird durchsetzen können.
Denn bislang ist sie wenig bis nichts: Gehen Raab und ProSieben, verschwindet sie in der Versenkung.
Hier ist also ein Emanzipationsprozess notwendig ohne den "Gönner" Raab zu verprellen.

Wie nannte es Raab heute so schön?
"Flexibilität" ist in der Medienindustrie notwendig und er gehe ganz gerne mal fremd.
Sie sollte und - so sich das heutige Bild bestätigt - wird von ihm lernen.
Und am Ende doch weit stärker reüssieren als ich zunächst dachte.

Samstag, 22. Mai 2010

Integrationsprogress durch #Krise der #Eurozone und des #Euro?

Vieles wird ja momentan über "Krisen", Finanzmärkte, den Euro, die Europäische Union und thematisch verwandtes geschrieben.
Noch mehr gesagt und verkündet.

So sieht Bundeskanzlerlin Merkel, CDU, Europa und die gesamte Europäische Union in Gefahr, sofern der Euro "scheitert".
Doch steht ein "Ende" des Euro in keiner Weise an.

Währungen werden im freefloat seit Ende des Bretton-Woods Systems in den 70er/80er Jahren stets in Verhältnissen gehandelt.
So kann man sich beispielsweise das Devisenpaar Euro/Dollar, kurz EUR/USD, betrachten und dann feststellen wieviel von jeder Währung man jeweils hinterlegen müsste um eine Einheit der anderen zu erhalten.
Einen richtigen "inneren Wert" gibt es nicht.
Es existiert auch keine Bindung an einen endlichen (Roh-)Stoff, wie bspw. Gold, was bei der Abschaffung des oben genannten Systems endete.
Betrachtet man sich also EUR/USD, zuletzt hauptsächlich herangezogen, besteht im Kern KEIN crashartiger Abverkauf des Euro. So sind die charttechnischen Aufwärtstrends aus den Jahren 2001-2003 (noch) nicht gebrochen, die Parität mittelfristig aber keineswegs ausgeschlossen. Weiter sollte der Euro im Vergleich zum Dollar nicht fallen.

Zumal die USA, wie ich schon mehrfach selbst betonte, eigene Probleme haben.
Bislang mag der Dollar noch Weltleitwährung sein, ob er aber seine Stabilität wird halten können, ist für mich äußerst zweifelhaft. Die Staatsschulden sind höher, die Deckung weit unsicherer, finanziert wird das Ganze auch nur durch massive internationale Ungleichgewichte und Währungsabwertungen.

Das eigentliche Problem des Euros ist der Zwang zur gemeinsamen Währung, eben kein Land ausschließen zu können oder wollen.
Die Chinesen häufen exportgetriebene Dollarreseveren an, koppeln ihre Währung und sind also nicht an schnellen Einbrüchen interessiert. Weshalb ich in einem anderen Beitrag eine größere Flexibilität forderte.

Der Euro als Währung wird aber weiter bestehen, sofern man keine Währungsreform durchführt, egal wie schwach er in Relation zu anderen Währungen werden mag.
Es kann also KEINE Bedrohung dieser Währung geben. Selbst wenn nahezu alle Banken aufgrund eines größeren Zahlungsausfalls der Eurozone ausfielen, wäre fragliche Eurozonenwährung weiterhin der Euro.

Bedenkt man es sich recht, ist eine solche Aussage die logische Fortschreibung derer, die zunächst mit dem Scheinargument "Globalisierung", folgend "notwendige Anpassungen" durch mangelnde nationalstaatliche Steuerungsfähigkeit mittels "TINA"-Prinzip und an die "Selbstheilungskräfte" des Marktes glaubend, die seit Jahren meinungsführend agieren und reichlich unsinnig argumentieren:
Staaten institutionalisieren Währungen, niemand anders. Und auch nur diese können sie ändern oder aufheben.
So besehen sind existenzielle Krisen nicht möglich.

Weshalb dann Geld für bspw. Griechenland?
Falls ich spekulieren darf, gehe ich sogar von einer gezielten Nutzung der aktuellen Probleme der handelnden Personen aus. Im sinne des in einem FAZ.NET-Artikels ("Die zweite Entmachtung der Bundesbank") dargestellten funktionalistischen Integrationsparadigmas gingen Theoretiker und Praktiker der Europäischen Union von einem fast zwangsläufig tiefer werdenden Integrationsverlauf aus. Auch "spill-over"-Effekte guter Beispiele seien geeignet, andere Staaten fast naturgemäß zur Übernahme von Regulierungen und Mechanismen zu bewegen.
Das Ganze bekam schon mehrfach Risse, zuletzt prominent bei den gescheiterten Referenden zum Verfassungsvertrag in Frankreich und den Niederlanden, später erneut in Irland. Und schon diese neuen Regeln erweisen sich in vielen Bereichen als weiterhin dysfunktional, wenngleich Stärkung von Parlamentsrechten, etc. als positiv zu werten sind.
Wie also könnte man in kurzer Zeit zu neuen Regelungen "motivieren", fast nötigen oder zwingen?
Anhand einer Krise, so funktionierte das schon oft.

Und indem man etwas, wie den Euro, sakrosankt setzt, und sein Scheitern sinnfrei an die Wand malt, mobilisiert man Kräfte und schürt Angst. Sarkozy sprach gar von "Generalmobilmachung" (FAZ) für den Euro.
Ob aber Griechenland mit Euro zahlt oder nicht, wird den Euro selbst nicht auflösen. Zumindest solange nicht, wie es den Willen der Eurozone sowie EZB gibt, diesen als gültiges Zahlungsmittel weiterhin aufrecht zu erhalten.

So gesehen müsste man die gebrandmarkten "Spekulanten" fast als "Systemfeinde" betrachten, schließlich wäre eine Aufhebung nur durch Übernahme oder Zerstörung von Grundfesten europäischer Demokratien und keineswegs durch ein wie auch immer geartetes Schuldenniveau möglich.

Egal wie hoch die Schulden auch werden mögen: Rein theoretisch ließe sich irgendwann ein Schnitt durchführen, Vermögen tilgen, Kredite löschen, gegenseitige Verbindlichkeiten negieren und einen Neustart der Währung durchführen. Und diese könnte auch erneut "Euro" genannt werden; die Konsumenten und Bürger brächten dem wohl nur wenig Vertrauen entgegen.
Beleg dafür ist auch, dass das Kapital für das möglicherweise in Anspruch zu nehmende "Rettungspaket" von den internationalen  Kapitalmärkten kommt; die Zweckgesellschaft nimmt die Verbindlichkeiten mit unterschiedlichen durch die Staatsbonds garantierten Zinsen auf und teilt sie auf eben diese Länder auf.
Schulden werden also mit neuen Schulden "gedeckt".

Momentan profitieren die USA noch von dem Geschrei über die Eurozone.
Sollte es irgendwann zur Thematisierung der Schulden und dortigen Probleme kommen, reden wir international über ganz andere Themen.
Und dann geht der Euro durch die Decke. Weshalb ich ja mit dem Gedanken spiele langfristig Euro zu kaufen.
Die Schulden am BIP sind höher, die Leistungsbilanzungleichgewichte ungleich höher. Im Blog von "Weissgarnix" sieht man das ähnlich.

Dinge wie Finanzmarkttransaktionssteuern oder Bankenabgaben bringen im Kern auch wenig bis nichts.
Letztere ist weiterhin viel zu niedrig, versucht wird mittels verschiedener Incentives, u.a. des Baseler Bankenausschusses, in den Banken direkt Änderungen vorzunehmen.
Instruktiv diesbezüglich ist bspw. ein überparteilicher Antrag aller Bundestagsfraktionen mit Ausnahme der Linksfraktion zum Thema Regulierung und Eigenkapitalvorschriften.

So äußerte Angela Merkel beim ordentlichen Bundeskongress des DBG zwar Verdruss über die größe und damit dem Erpressungspotenzial einiger Banken, doch sollen diese Institute eben nicht aufgespalten oder per se in ihrer Größe begrenzt werden, sondern grundlegende Eigenkapitalunterlegungen und -quoten erhöht werden.
So erreicht man größere Eigenkapitalreserven für gewisse Risikopositionen, aber keineswegs Reduzierung von Erpressungspotenzial. Das Eigenkapital kommt von externen oder internen Geldgebern. Selbst wenn die Unterlegung dann erfolgte, können Institute durch die Bilanz oder Übernahmen weiter wachsen und bilden damit zu viele Assets in der Bilanz ab, die bei einem Ausfall Dominoeffekte erreichen können.

Die Hilfen für Griechenland, die "Stabilitätsagentur" oder Zweckgesellschaft, dürfte dem Ecofin unterstehen und auch nie wieder aufgelöst werden.
Somit werden hier zwischenstaatlich Fakten geschaffen, welche vorher in intergouvernementalen Prozessen nicht erreicht werden konnten.
Wohl gemerkt: Das passierte bereits.
Anzunehmen ist ferner, dass die EU und vorallem Eurozone später, bei Beruhigung der Lage, andere und weitere integrative Prozesse einleiten werden.
Somit werden dann Akteure wie Merkel ihren Sprüchen "Wir gehen gestärkt aus der Krise hrevor" oder "stärker raus, als wir reingegangen sind" andere Inhalte als eigentlich vermutet beimessen.
So gehe ich davon aus, dass die Maastricht-Kriterien bzw. die Fähigkeiten der EU und Eurostats überprüft und umstrukturiert werden. Ebenso der Stabilitätspakt, schließlich haben Strafzahlungen für einen Defizitsünder keinerlei Sinn.
Noch schlimmer, vergrößerte man in aktueller Situation das Problem sogar und in Griechenland wäre solches wohl gänzlich unvermittelbar. Folgerichtig also wird diese Übereinkunft erneut außer Kraft gesetzt.
Durch die Direkthilfen und die Staatsanleihekäufe der EZB werden auch in diesen Institutionen und Verträgen Änderungen notwendig werden.

Das alles führt zu strukturellen Änderungen, die sonst vermutlich weit länger in Anspruch genommen hätten, so es ohne Druck überhaupt die Notwendigkeit dazu gegeben hätte.
So ist die mangelnde Integration fiskalischer, geldpolitischer Art eine grundlegende Unfähigkeit des Integrationsprozesses, aber durch die krisenhaften Erscheinungen auch Basis für deren Abschaffung und eine vertiefende Integration.
Allerdings könnte man das alles auch anders kommunizieren ohne äußerst durchsichtig das Ende einer Währung an die Wand zu malen, die nicht ansatzweise ansteht.
Man hätte bspw. spätestens beim ersten Paket für Griechenland aussprechen können, jegliche Schulden für alle Euroländer zu garantieren.
Wer, bzw. welche Institution, das tut, spielte zunächst keine Rolle. Eine hohe Zahl bzw. solcher Ausspruch hätte die Märkte wohl früher beruhigt und damit auch spätere Kosten gesenkt.
Aber wollte man das?
Sollte man das wollen, wenn man Änderungen wünscht, oder nicht lieber doch warten, bis der Problemdruck fast unerträglich hoch geworden ist?

Alles eher spekulativ und konstruiert.

Mittwoch, 19. Mai 2010

nach 750Mrd. #Euro, #Eurozone und #Eurokrise: Konsistent ist das alles nicht

Vor ein paar Jahren wurde es schon vereinzelt diskutiert, auch ich sah einen Sinn und Nutzen darin: Die Finanztransaktionssteuer, einer Art Tobin tax.
Damals allerdings gab es keine konsistenten öffentlichen Diskussionen, viele Querdenker wurden als inkompetent abgestempelt.

Irgendwie kommt mir vieles, was momentan in Reaktion auf die sogenannte "Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise" getan wird oder zumindest darunter firmiert, fast aktionistisch vor.

Die Beaufsichtigung von Hedge-Fonds bspw. hätte man schon bei der Zulassung dieser in Europa, mindestens aber Deutschland, erzwingen und bedingen müssen. Das letzte Ecofin-Treffen in Brüssel kann dazu kein Anlass gewesen sein; auch in vielen Büchern und auf Websits war seit Jahren vin Kritik bzgl. Regulierung und Beaufsichtigung dieser Akteure zu lesen.

Eine Transaktionssteuer verteuert zunächst einmal nur den Preis pro gehandeltem Finanzprodukt.
Bleiben wir im Börsenjargon und nennen das den Preis einer Order.
Zwei Orders ergeben einen Trade, Handel, also Kauf und Verkauf.
Ein Aufschlag von 0,05% auf eine Transaktion verteuert also den Preis, was zu einer Senkung der Liquidität führen müsste.
Theoretisch.
Schließlich sind Märkte u.a. dazu da, kleinste wie auch größte Transaktionen jeglicher Produkte so effizient wie möglich, also idealitär ohne externe Kosten wie Steuern, abzuwickeln.
Die Lenkungswirkungen staatlicher Interventionen stehen hier aber nicht allgemein zur Debatte.

Kaufe ich mir also demnächst eine Aktie bspw. in Frankfurt, so muss ich nicht nur die Kosten für den Handelsplatz, das Clearing und den (Online-)Broker und nachherige eventuelle Veräußerungsgewinne gemäß Kapitalertragssteuer von 25% tragen, sondern auch den zusätzlichen steuerlichen Anteil.
Fraglich ist schon, weshalb ich das sollte, schließlich trug ich nichts zur Entwicklung der Probleme internationaler Finanzmärkte bei.
Das taten große Banken, zu groß um sie sofort pleite gehen zu lassen und heute weiterhin nicht abgewickelt, Zentralbanken mit der Politik des billigen Geldes und "quantitative easing" in Reaktion auf die tech-bubble der Jahre 2000-2003 sowie auch Staaten mit ihrer Schuldenpolitik.

Bald könnten Menschen, die viel sparen und diese Beträge in Papierwährungen, dem Euro zum Beispiel, anhäufen die doppelten Verlierer sein: Erstens sinken finanzielle Zuweisungen, Transfers, des Staates, zweitens steigen mutmaßlich Steuern, in Deutschland wird bereits offen über einen MwSt-Satz von 25% diskutiert, und drittens bei einem Haircut und nachheriger Währungsreform.

Dies führt, wie die oben genannte Steuer, letztlich zu geringerer Marktaktivität, mithin ist damit zu rechnen, dass einige, sicherlich wenige, Akteure den Markt verlassen.
Was geschieht, wenn fallende Preise an Börsen auf sinkende Liquidität trifft, konnte man am Donnerstag vor zwei Wochen betrachten, als der DOW Jones bspw. in der Spitze um 1000 Punkte einbrach.
Sinkt die Liquidität durch austretende Marktteilnehmer, muss anderweitige Liquidität generiert werden; dies dürfte zu einer weiteren Intensivierung des High-Frequency Tradings an den Börsen führen.
Große Marktteilnehmer sind bis zu einem Grenzniveau nicht gezwungen oder übermäßig genötigt Märkte zu verlassen.
Gerade wenn man sich das Kapitalakkumulat eines größeren Fonds bzgl. eines Privatanlegers mit jeweils gleichen Anlagehorizonten vergleicht, so ergibt sich hier ein relativer Vorteil des Fonds.

Im Kern fordere ich weiterhin eine Abwicklung der Commerzbank sowie ehemaliger in dieser aufgegangenen Dresdner Bank.
Teile die sich am Markt refinanzieren konnten und heute wieder können dürfen ausgegliedert und nach staatlicher, vollumfänglich rückgezahlter Hilfen wieder in Privateigentum entlassen werden.
Der Rest wird auf Kosten der Anteilseigner abgewickelt.

Wo blieben eigentlich die etwa 12 Mrd. Euro für eine hauptsächlich private IKB, welche später zu etwa 150Mio. Euro an Lonestar verkauft wurde?
Und wieso pumpte man in diese Bank nicht noch weitere 10Mrd. Euro um sie später mit Beamten des Finanz- und Wirtschaftsministeriums und ggf. einer Beratergruppe privater, kompetenter, Finanzmanager finanziert durch den Bund aufzuspalten und später zu verkaufen?
Überlegt man sich einmal, was man für eine "gerettete" IKB mit leichter Sanierung heute bekäme, sind 150Mio. damalige Euro eher lächerlich.


Die "Verteidigung des Euro" war immer eine Chimäre, ich bezeichne es privat sogar als "Quatsch".
Nicht nur falsch angegangen, auch falsch bezeichnet.
Da dürfte die Erklärung Eekhoffs gestern auf Phoenix, die Staaten hätten aufgrund des EU-Vertrages nicht "helfen" dürfen und sich daher eine externe Bedrohung schaffen müssen, nicht falsch.
Einige fabulieren gar von "Finanzkrieg".
Die, die so argumentieren, sollten sich fragen, weshalb der Euro, die zu "rettende Währung", weiter fällt, nachdem sogar die Europäische Zentralbank (EZB) eine ihrer größten Stabilitätsfixierungen, aktiv keine Staatsanleihen zu kaufen, aufgab.
Der Euro sinkt im Vergleich zum US-Dollar beispielsweise weiter im Wert.
Im Übrigen verloren ALLE PApierwährungen seit ihrer Auflegung bis zu 90 Prozent an Wert - bspw. gemessen an Gold.
Wenn es, wie ich mutmaßte, allein um griechische Staatsanleihen ging, ist der Verweis auf den Euro hanebüchen, vollkommen irrational.

Jemand der nur geringen monetären Sachverstand hätte, müsste demgegenüber fragen, weshalb die Zentralbank nicht einfach die Zinsen des Euroraums erhöht.
Zinserhöhungen führen zu höhrer Attraktivität und Carry-Trades, wiederum zu einer Festigung einer Währung.
Natürlich ebenso zu massiv wachsender Staatsverschuldung und Zinstilgungsproblemen.
Das tut man nicht und es gibt absolut kein existenzgefährdendes Szenario für den Euro. Wir könnten auch jederzeit mit irgend einer anders lautenden Währung bezahlen, ggf. werden wir das irgendwann müssen. Wann das sein wird und ob Gold diese Rolle übernehmen wird, steht dahin.
Die EZB tut aber beides: Sie lässt die Zinsen absichtlich niedrig und kauft Staatsanleihen, monetisiert also griechische Staatsschulden. Wiewohl sie nach Aussagen einiger Zeitungen einige Instrumente neutral zurückfahren soll.

Auch hier hätte es die Gläubiger Griechenlands mit runterreißen müssen: Unter anderem auch deutsche Banken.
Und diese hätten wiederum NICHT vom Bund gerettet werden dürfen.

Aus heutiger Sicht ist es ganz logisch, dass Deutschland bei sinkenden Zinsen und steigenden Bond-Renditen Schulden aufnehmen und an Griechenland transferieren, das sich seinerseits wiederum nicht durch eigene Bonds finanzieren kann.
Die Anleger, Investoren und sogenannten Spekulanten müssen ihr Geld dann irgendwo parken; bei deutschen Bundesanleihen wird es auch irgendwann einen Boden bei den Zinsen geben, spätestens dann steigen sie irgendwann auch wieder an.

Der Ausgleichsmechanismus?
Die Währung.
Dieser fällt aufgrund der Interventionen des IWF, der Eurozone und der EZB aus.
Im Kern ist es eine riesige Umverteilungsmaschinerie, von der sich unser Staat durch eine oben genannte Transaktionssteuer wiederum einen größeren Einnahmeteil abschneiden wird. Schließlich muss unsere Finanzagentur doch hoffentlich ebenso Gebühren und Steuern abführen.

Alles nicht so richtig konsistent.

Sonntag, 9. Mai 2010

Retten, koste es, was es wolle in #Euroland (#Europa und #Euro) zur #Finanzmarktkrise

Eigentlich war es mit dem Satz des EU Komissionspräsidenten Barroso gelaufen.
Viel mehr kann von einer Exekutive, die ohne Zustimmung des Parlaments und Ministerrates nur bedingt handlungsfähig ist, nicht artikuliert werden.

"We will defend the euro whatever it takes"

vom 07. Mai 2010.

Dieser Ausspruch kommt reichtlich spät und im Gegensatz zu den vorher und bis heute teilweise anders lautenden nationalen Politiken, wie z.B. Deutschlands, in ungewöhnlicher Klarheit.
Bislang wurde hauptsächlich von der Stärke der Währung und Einlagen der Sparer gesprochen. Die grundlegende Existenz wurde nicht bestätigt.
Dies deutete bereits darauf hin, dass EU-Staaten ins Boot größerer finanzieller Hilfszusagen geholt und abweichende Positionen geschliffen werden sollten.
Dies ist im Prinzip nicht von vornherein notwendig.

Die Währung des Euro bestünde auch bei einem Austritt Griechenlands, selbst Portugals, Spaniens und beispielsweise Italiens fort. Die Mitgliederzahl verringerte sich ggf.
Allerdings besteht für die Eurozone auch eine gegenteilige Sorge: Können die Staaten mittels eigener Währung abwerten und ersparen sich durch den ECOFIN und IWF beaufsichtigte schmerzhafte Einschnitte in nationale Politiken, könnte die Bereitschaft und der Wunsch zum später erneuten Beitritt zum Euro merklich sinken.
Gerade wenn, wie dann zu erwarten, die Währung ihre Funktion als "Integrationskern" ausbaute. Schließlich kann nicht davon ausgegangen werden, dass Griechenland später absehbar verschärfte Auflagen für den Beitritt zur Eurozone in sagen wir fünf Jahren wird bestehen können.
Mehrere sogenannte Experten gehen von notwendigen Anpassungsmaßnahmen mehrerer Jahre aus.
Schließt man also heute ein Land aus der Eurozone aus, könnte es passieren, dass ihm andere gezwungen oder gar freiwillig folgen, da eine Abwertung nicht nur die einfachere "Lösung" aus dem Schuldenproblem darstellt; die Eurozone würde auf Jahre hinweg auch weniger Aufnahmeaffin was Neumitglieder angeht.

Die aktuellen Verwerfungen werden sich, ähnlich wie die Finanz- und Wirtschaftskrise, so nicht mehr wiederholen.
Der Europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt wird nicht mehr fortbestehen können, wenn er in krisenhaften Zuständen allein auf weitere fiskalische Haushaltssanktionen mit "Blauen Briefen" an die Staaten festhält.
Abgesehen davon, dass die Verschuldungsquote von 60% am BIP (Bruttoinlandsprodukt) in den meisten Staaten auf Jahre hinweg ohnehin utopisch sein dürfte.
Selbst Deutschland mit den niedrigsten Refinanzierungskosten an den internationalen Finanzmärkten, ausgedrückt an den Zinsen der Bundesanleihen, rangiert über diesem Niveau. Und das auch nicht erst seit einem Jahr.
Man drückte sich schlicht vor Konsequenzen.

Barrosos Einlassungen markieren den vorläufigen Höhepunkt antieskalativer Krisenrethorik verantwortlich handelnder Europapolitiker.
Wiewohl eine solche Einlassung eher dem Chef der Eurozone, Herrn Juncker, gebührt hätte und nicht einem Kommissionspräsidenten, der der gesamten Europäischen Union verpflichtet sein sollte.
Einem Mitgliedsland wie Großbritannien bringt eine solche Aussage überhaupt nichts; sie werden vielmehr bestrebt sein ihre Währung gegenüber anderen solchen abzuwerten und ihre Staatsschulden zu monetarisieren sowie inflationieren.
Denn deren Probleme sind auch nicht gering.
Und die der USA, die eine Sperrminorität im momentan viel-gerühmten IWF ausüben, ebenso wenig.

Ich halte auch weiterhin nichts davon, sich einen Akteur wie die USA de facto in die Eurozone zu holen, egal wie schlimm es um den Euro stehen mag.
Irgendwann stellen sich für diesen Staat ähnliche Refinanzierungsprobleme wie für Griechenland heute. Und wer wird dann wohl zur Seite springen? Der IWF mit seinen "Sonderziehungsrechten", die nach wie vor als stabilste "Währung" angesehen werden.
Und das nur, weil man keinen europäischen Koordiniationsmechanismus supranationaler Wirtschafts-, Finanz- und Arbeitsmarktpolitik implementierte und an der Behebung internationaler Leistungsbilanzungleichgewichte arbeitete.

Ich bekräftige meine vergebliche Hoffnung nach einer Flexibilisierung dieser gesamten Diskussion bzgl. einer verbalen Abrüstung der Bedeutung des Euro sowie der Mitglieder dieser Währung.

Wie nun auf der Website der Sueddeutschen Zeitung zu lesen wollen die Euroländer und der IWF ein erneutes "Hilfspaket" mit einer Gesamtsumme von rund 600 Mrd. EUR bis zur montäglichen Markteröffnung verkünden.
Das zusammen mit der Aussage Barrosos, die gerade aufgrund seiner Nichtzuständigkeit von so hohem Wert ist, und meiner Annahme, die EZB wird bald aktiv griechische Anleihen aus zweiter Hand kaufen, dürften die Kuh vom Eis bringen.
Zumindest vorerst.
Allerdings verläuft es mit Währungen anders als bei anderen Assetklassen: Während wachsende Inflationsraten durchaus mit wachsenden Rohstoff- und Aktienpreisen korrelieren können, verringert sich der Wert einer (Papier)währung bei steigenden Inflationsraten.

Dieses "kraftvolle Signal", welches laut Artikel u.a. von Merkel ausgesandt werden soll, kommt viel zu spät.
Man hätte deutlich früher verkünden können, jegliche Verbindlichkeiten auf jeden Fall zu tragen.
Bei einer guten, internen wirtschaftspolitischen Koordinierung hätten die Eurostaaten später Sanktionen gegen die Sünder beschließen können.
Nur fehlt es hier wieder an sinn- und wirkungsvollen Koordinierungsinstrumenten.
Man hätte sich aber wochenlanges Gehampel ersparen können; Den meisten führenden Politikern muss ohnehin immer klar gewesen sein, dass der Bestand der gemeinsamen Währung nie zur Disposition stünde und Staaten wie Griechenland auch nicht aus der Eurozone gedrängt würden.
Weshalb also ließ man die Diskussion so lange laufen und verkündete nicht, wie bei der deutschen sog. Bankenrettung, in jedem Falle für alle Verbindlichkeiten mit Hilfe des IWF aufkommen zu wollen?
Dies hätte eine weitaus günstigere Refinanzierung der sog. PIIGS ermöglicht.

Eine Europäische Anleihe sollte im Übrigen auch noch nicht aus den Augen verloren werden.
Und hier lief es, wie es seit zwei Jahren in etwa immer läuft: Zunächst wird gelächelt oder offen abgewiegelt und gar Abscheu zur Schau gestellt.
Und später, wenn der Zug fast vor die Wand fuhr, preist man sich als "durchgreifender", "handlungsfähiger" Politiker.
Dies geht fehl.
Sollten die Probleme nicht ganz grundsätzlich angegangen werden, stellen sich zukünftig irgendwann weit größere Probleme mit vollkommen anderen Diskussionen als heute.
Ob es dann überhaupt noch Papierwährungen geben wird, bezweifle ich weiterhin. Aber sei es drum.


Weiterhin bleibt für mich die Frage, ob die ökonomischen Kosten eines Austritts bspw. Griechenlands aus der Eurozone mit späterer Abwertung eigener Währung nicht um einiges sinnvoller gewesen wären, als aktuelle "Pakete", welche absehbar stark rezessive Wirkungen entfalten werden.
Dies drückt bspw. den Binnenkonsum und damit die Importe Griechenlands. Gleichzeitig *könnte* das Land verstärkt exportieren. Allerdings scheint sich kaum exportfähige Industrie angesiedelt zu haben, weshalb das Resultat ein europaweiter Nachfrageausfall dieses Landes sein könnte.
An wen will Deutschland, das bekanntlich unter Schwarz-Gelb weiter auf Basis des Exports wachsen will, seine Produkte verkaufen? zumindest was den Binnenhandel in der Eurozone betrifft?
Die politischen Kosten dürften nachvollziehbar höher ausfallen.

Wenn das sogenannte Hilfspaket seine Wirkung entfaltet, wird wenigstens die Charttechnik nicht Lügen gestraft, nach der der Euro mittlerweile auf eine stärkere Unterstützung zuläuft und im wochenvergleich verhältnismäßig stark überverkauft ist - was natürlich weiterhin anhalten kann.
Bislang spielt auch kaum jemand richtig die US-Story, wenige mahnende Waldesrufer, wie Roubini, lassen sich leicht überhören, solange man ein Griechenland und katastrophal auftretendes Euroland in Übersee hat.

Ein "Beleg" gefällig?
Trichet, der Präsident der EZB, wies zuletzt fast brüsk zurück, die EZB begänne womöglich in Bälde Staatsanleihen aufzukaufen. Was sie laut Europäischer Verträge als Erstkäufer auch nicht darf. Hier wären allerdings vielfältige tricksende Konstruktionen möglich.
Die FED, die Notenbank der USA, tut genau das schon seit Jahren; mittlerweile beträgt die Bilanz dieser über 2 Billionen USD.
Damit werden ganz nebenbei Renditen der amerikanischen Treasuries hoch und die Zinsen, die der Staat zu zahlen hat, niedrig gehalten.
Bei einem Staat, der sich wie die meisten anderen, stetig weiter verschuldet ökonomisch nicht sehr rational.

Oder auch: eine Bubble.
Und die Renditen sinken übrigens schon.

Dienstag, 4. Mai 2010

#Arriva und die #Deutsche #Bahn

Marktwirtschaft, Markt, Konkurrenz, Wettbewerb, sinkende Preise usw. usf.

War da was?

Im Vogtland, in Sachsen, wurde die Vogtlandbahn mit der Bewirtschaftung der Eisenbahntrassen beauftragt und erhielt den Zuschlag beim Vergabeverfahren des Landes/Landkreises.

Dies ist nun einige Jahre her; seitdem befährt die Vogtlandbahn als Tochterunternehmen der britischen Arriva Aktiengesellschaft unter anderem die Strecke Falkenstein - Zwickau im Stundentag in beide Richtungen.
Ursprünglich zog sich die Bahn aus der Fläche zurück, da die Strecken entweder unrentabel geworden seien oder einfach kein Interesse an der weiteren Trassenbewirtschaftung bestand.

Dass die Gleise, Bahnhöfe, etc. auch weiterhin im Eigentum der Deutschen Bahn AG (DB AG) und damit des Bundes verbleiben muss sicher nicht betont werden.
Dass die Vogtlandbahn dafür Nutzungsgebühren für jeden Trassenkilometer an die DB AG abführen muss, sicher ebenso wenig.

Nun kauft die DB AG die Arriva.
Da die Vogtlandbahn zum Arriva-Konzern gehört, beführe erstere somit de facto erneut genannte Trassen und könnte - ohne Eingriff von Regulierern wie des Bundeskartellamtes, etc. - langjährige Vergabeverfahren unterlaufen.
Zumindest ließen sich die Verträge nicht sofort lösen und Kreis und Land hätten daran wohl auch kein gesteigertes Interesse.
Das Kartellamt ließ bereits durchblicken, der Verkauf könne genehmigt werden, wenn sich die DB AG später von den deutschen Nahverkehrsteilen des Zukaufs trennte.

Wohlgemerkt: Ohne Regulierer käme dies nicht zustande und erfolgte eine ungehinderte Konzentration unter Ausschaltung des Wettbewerbers.
Damit kann nicht davon gesprochen werden, dass Märkte aus sich heraus zu effizientem Wettbewerb streben. Vielmehr suchen die Akteure Gewinnmaximierung und daher Konzentration zur Bestimmung ihrer Preise, Rendite und Nutzung der schieren Marktmacht.
Keine neuen Erkenntnisse.

Dass aber genau der Konzern, der die Strecken der heutigen Vogtlandbahn früher für ineffizient und zu teuer ansah, Nahverkehrsstrecken der Arriva kauft, die es ja aufgrund gewollter Liberalisierung des Schienenpersonennah- und fernverkehrs in Konkurrenzabsicht zur Deutschen Bahn AG gibt, ist doch ein klein wenig grotesk.
Weshalb meint die DB AG die jetzt im Paket zugekauften Strecken nicht selbst befahren und finanzieren zu können?
Weshalb braucht es dazu ein Privatunternehmen?
Wenn Bahnhöfe, Trassen, etc. doch ohnehin in deren Eigentum verbleiben und sie damit ebenso versucht, "Wettbewerber" unter Druck zu setzen?
Dann doch Wettbewerber lieber gleich aufkaufen und vom Markt verdrängen. Dass es dabei auch in Deutschland betroffene Trassen gibt und geben kann, merkt man öffentlich erst später.

Arriva - und damit die Vogtlandbahn - tat und tut nichts anderes als die Deutsche Bahn.
Sie befährt Eisenbahnstrecken.
Und dies sollte - theoretisch - zu gleichen Konditionen wie die der Deutschen Bahn AG möglich sein; Züge lassen sich effizieren, verändern und streckenspezifisch bauen. So wären die Investitionskosten des größeren Konzerns für kleinere Züge der VBT-Baureihe gemessen an Verschuldung oder Eigenkapital viel geringer gewesen als für Arriva.
Beide Konzerne müssen die Diesel- und Strompreise, hoffentlich, zu Marktpreisen einkaufen.
Auch hier allerdings dürfte schiere Größe für Rabatte sorgen: Die DB AG hätte auch dabei mutmaßlich Vorteile.

Einzig disponibel scheinen Löhne und Lohnkosten.
Diese können von Arriva massiv gedrückt werden - die DB AG dürfte auch aufgrund einer Bundeshaftung, öffentlicher Wahrnehmung und tarifvertraglicher Bindungen deutlich stärker "belastet" sein.
Damit tragen die Mitarbeiter die Rendite zum Arriva-Konzern.

Das allerdings hätte man auch mit Lohnsenkungen oder Ausgliederungen bei der DB AG selbst erreichen können.

Samstag, 1. Mai 2010

#Finanzkrise - wo stehen wir? #Griechenland, der #Euro, die #Eurozone, die #EU

Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise.
Wo stehen wir heute und aktuell?

Nach dem Sterben größerer US-Banken, was im übrigen auf geringerem Niveau weiterhin andauert, kam es zur de facto Pleite des westlichen Bankensystems.
Mit "de facto" meine ich erneut, dass ohne fiskalische Staatsintervention und Monetarisierung durch die Notenbanken keine der großen weltweiten zehn Banken überlebt hätte.
Bei einer marktnahen Pleite der deutschen HRE hätte es die Commerzbank/Dresdner Bank und damit auch die Deutsche Bank hinuntergerissen, mindestens aber in größte Probleme gebracht.
Eine Stützung aller Einzelbanken war nicht darstellbar, es flossen auch so schon mehrere Milliarden Euro, auch wenn es weniger als die ständig zitierten 480Mrd. EUR gewesen sein mögen. Dieses wiederum besteht ja aus expliziten Zahlungen, bspw. an die Commerzbank, sowie impliziten Bürgschaften und Garantien, also einer Schuldverschreibung der Bundesrepublik und eines jeden Steuerzahlers für das jeweilige Finanzinstitut.
Verluste wurden hierbei also sozialisiert.

Die Gewinne, die auch mittlerweile wieder erzielt werden, bleiben jedoch privatisiert.
So profitierte nicht nur die Deutsche Bank von der Rettung der HRE sowie bspw. Coba.
Ohne diese hätte sie einiges mehr an Abschreibungen, gerade auch im gegenseitigen Interbankenverkehr, vornehmen müssen.
Auch Gewinne aus dem Investmentbanking fließen wieder durchaus üppig.
Die Banken besseren ihre Bilanzen auf; sie füllen die Aktiva-Seite, die Passiva werden ihnen entweder abgenommen, können als Sicherheiten bei Zentralbanken hinterlegt werden, oder verbleiben in der Bilanz.

Sie werden auch weiterhin kritisiert, ihre äußerst grünstigen Refinanzierungsmöglichkeiten nicht an die "Realwirtschaft" weiterzugeben.
So sind bspw. Überziehungszinsen auf Girokonten, vulgo Dispositionszins, immernoch teilweise deutlich über 13 Prozent.
Während Zentralbanken weiterhin Gelder für etwa ein Prozent Zinsen an die Banken verleihen.
Bislang gibt es keinen durchgreifenden Anstieg der Inflationsraten, letzte Zahlen gingen von etwa 1% im Vorjahresvergleich aus, hauptsächlich höheren Kraftstoff- und Heizölpreisen geschuldet.
Unternehmen wie Opel oder Arcandor gingen entweder in die Insolvenz oder wurden "gerettet", also subventioniert um temporär am Markt zu überleben.
Eine Kreditklemme wird zumindest bislang noch nicht ausufernd beklagt.

Seit längerem bekannt, traten nun urplötzlich Diskussionen zu Schuldenstand und Defiziten einiger Euroländer in den Fokus.
Ganz vergessend, dass bspw. die USA mindestens ebensolche Probleme haben, aufgrund ihrer schieren Wirtschaftskraft und der monetesierenden FED diese bislang noch nicht in die breite Öffentlichkeit tragen mussten.
Die Defizite Griechenlands sind seit langem bekannt.
Ich erinnere mich genau an einen Artikel, den ich vor Jahren in der ZEIT las.
Tenor: Das Defizit Griechenlands ist höher als offiziell angegeben, die EU-Komission ist sich hinter vorgehaltener Hand dessen bewusst und dem Euro hätte das Land womöglich gar nicht beitreten dürfen.

So zeigt "der Fall" Griechenland weniger die Folgen der "Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise", in welcher Staaten also Verluste sozialisierten um gewisse Systembestandteile aufrecht zu erhalten.
Es zeigt sich auch nicht zum ersten Mal, dass Systeme und Institutionen zumindest zum Vertuschen neigen und Medien einer spezifischen heuristisch-alarmistischen Konjunktur unterliegen.
Das alles ist im Kern bekannt.

Viel deutlicher und klarer wird, dass das Konstruktum der Eurozone und der gemeinsamen europäischen Währung mindestens einen entscheidenen Fehler aufweist: Kein Land kann aus ihr ausgeschlossen werden oder freiwillig austreten.
Zumindest ist dies nicht expressis verbis in den Verträgen über die Europäische Union statuiert und kodifiziert.

Ich bin mittlerweile geneigt, darin einen Größenwahn der Väter und Mütter der EU sowie des gesamten gedanklichen Konstrukts zu erkennen.
Seit Jahren schon frage ich mich nun, inwiefern man die eigentlich recht obrigkeitsstaatliche und oktroyierte Diskussion über das "Projekt Europa" noch so fortführen möchte. Mehrfach wurden Verträge und Vertragsänderungen in späteren Referenden abgelehnt. Die Folge war regelhaft ein "Kauf" der beteiligten Staaten und Völker.
Wie kann einen einheitlichen Währungsraum vorsehen, ohne über einen Austritt oder "Rausschmiss" eines Staates nachzudenken? Wobei man sicherlich darüber nachdachte, aber annahm, die Völker oder Staaten empfänden darin eine übermäßige negative Bevormundung und passten damit ihren Euroskeptizismus intensitär entsprechend an.

Nur ist es illusorisch gerade ob der Kontruktion der Verträge und Eurozone eben kein Ausscheiden vorzusehen. Die Koordination nationaler Wirtschaftspolitiken ist schon äuerst lückenhaft; auf europäischer Ebene verbitten sich die Staats- und Regierungschefs seit Jahren weitere Kompetenzübertragungen auf die supranationale Ebene.
Das kann so nicht funktionieren, wenn man untereinander in dem Maße konkurriert.

Ich wünsche mir daraus folgend flexible Anpassungsmechanismen und zwar nicht unter Maßgabe des IWF. Der IWF ist eher Teil des Problems als dessen Lösung, schließlich zementiert er einen US-Amerikanischen Einfluss in Europa und dessen Währung. Und die USA haben eigene Probleme, es ist keineswegs ausgemacht, dass der US-Dollar auf Dauer so existieren wird wie bisher.
Wobei ich von einem Scheitern aller Papierwährungen ausgehe.
Das aber nur am Rande.

Der Austritt aus der Eurozone sollte ermöglicht werden, effizientere Sanktionsmechanismen, die eben nicht auf weitere Schuldenerhöhungen hinauslaufen wie der Maastricht-Vertrag, ins Werk gesetzt und nationale Wirtschafts-, Lohn- und Arbeitsmarktpolitiken zumindest so grundsätzlich vereinheitlicht werden, wie es eine gemeinsame Währung erfordert.
So sollten eben keine dauerhaften Leistungsbilanzdefizite dieser durchaus hohen Art zustande kommen, wie es in der Eurozone der Fall ist.
Die Europäische Union könnte daraus einen hohen Nutzen ziehen.
Dann müssten aber Äußerungen wie "der starke Euro muss überleben" oder "wir müssen alles tun", aufhören. Durch schnellere Aus- und Eintritte, die natürlich trotzdem verbindlich und von dauerhafter Natur sein sollten, könnten nicht nur Anreize für außen- und innenstehende Staaten für effizientere Anpassungsleistungen gefördert werden, wenn man bei Fehlverhalten auch ausscheiden kann und dies lange vorher offen kommuniziert wurde.
Außerdem ermöglichte dies eine dynamischere Konkurrenz zwischen dem chinesischen, europäischen und bspw. amerikanischen Währungsraum.
Aber auch dafür werden die Europäischen Verträge hinsichtlich eines "Kerneuropa" bzw. "vertiefte Zusammenarbeit" aus dem Lissabonvertrag überprüft und praktiziert werden müssen.

Mittwoch, 28. April 2010

#Parteiensystem im Wandel in der #Politik.

Kurz vor der Landtagswahl in Nordrhein Westfalen Anfang Mai 2010 werden momentan wieder Auffassungen Richtung "Aufhebung" der politischen Lager und Vermischung verschiedenster Koalitionsoptionen ventiliert.
Zumindest Politikwissenschaftler wie Langguth sind vorsichtiger.

Ich kann mich noch an Artikel von bspw. Brigitte Fehrle auf ZEITOnline erinnern, die die Multioptionalität nicht nur festgestellt haben wollte, sondern sie auch als Allheilmittel aller Probleme pries.

Die Wahrheit ist und war erwartbar langsamer verändernd.
Mit dem Eintritt der Linkspartei kam es zur Fragmentierung des "linken Lagers"; was einst Rot-Grün war, muss heute zwingend Rot-Rot-Grün sein.
Ich hatte solches übrigens bereits weit vor der letzten Bundestagswahl im Hinterkopf; als sich die LINKE.PDS damals in einigen westdeutschen Flächenländern etablieren konnte, musste mit ihr zumindest im Hinblick auf Stimmenentzug von der SPD gerechnet werden.
Zumal eine SPD heute nicht mehr für ein "links" steht, wie man es früher verstehen konnte oder wollte.
Einen solchen, für manche populistischen, "Linkskurs" kann heute glaubwürdig die Linkspartei vertreten.
Noch.
Regierungsbeteiligungen wie Berlin sind dem allerdings ebenso abträglich.

Überrascht bin ich weiterhin, dass sich keine weitere Partei rechts der CDU etablieren konnte, mithin hatte ich auch damit schon länger gerechnet.
Es gab ja schon Mutmaßungen, Merz und Clement könnten dies umsetzen.
Wenn ich mir die FDP heutiger Prägung auch und vorallem in Regierungsverantwortung ansehe, wird diese Idee zumindest nicht unwahrscheinlicher.

Dienstag, 20. April 2010

Staatshilfen für #Airlines wegen Ausbruch des #Vulkans/#Aschewolke und #Krankenversicherung #ashtag

Heute Einlassungen zu zwei verschiedenen Themen: Aschewolke und Krankenversicherung.

Die Aschewolke wird nun seit einigen Tagen durch die Medien gedreht und verfolgt man vorallem deutsche Nachrichtensender, könnte man zur Ansicht gelangen, es gäbe in diesem Land momentan nichts wichtigeres als das Ausbleiben einiger In- und Auslandsflüge.

Nun wird seits Europäischer Kommission über Beihilfen für Fluggesellschaften nachgedacht.
Es gibt ja auch noch Stimmen, die nach den unzähligen Stützungsaktionen, mit teilweise erwartbar sinnlosen Ausgängen, solche "Hilfen" noch ablehnen.
So beispielsweise der Direktor des Instituts für Wettbewerbsökonomie an der Universität Düsseldorf, nachzulesen auf Handelsblatt.com.
Wenn ich nach einem Unwetter, welches zum Versagen meiner Zugverbindung führte, zur Deutschen Bahn AG laufe und nach Erstattung des Ticketpreises sinne, werde ich mit dem Verweis auf "höhere Gewalt" abgespeist.
Weshalb sollte es den Airlines also anders gehen?

Einen Schönheitsfehler hat dieser Gedanke allerdings: Flugverbote, welche hier das Folgeproblem nach dem Ausbruch des isländischen Vulkans sind, sind Ausflüsse verwaltungsrechtlicher Entscheidungen, mithin der Bürokratie als nachrangige Behörde der Exekutive.
Theoretisch könnten diese Verbote also politischer seits aufgehoben und verhängt werden wie es beliebt.
Auf dieser Basis ist eine "höhere Gewalt" schon theoretisch fragwürdig; dies allerdings noch ohne genaue Messungen und Tatsachenbelege zu verhängen geradezu problematisch.
Schließlich können die Fluggesellschaften für ihr Marktversagen ggf. ursächlich nichts. Gestärkt gingen hierdurch vorallem höher kapitalisierte Gesellschaften hervor, die sich solche Untätigkeiten "leisten" können. Mithin würde dabei die Stellung bereits dominierender Carrier erneut perpetuiert.
Insofern sollten Beihilfen, generalisiert, zumindest bedacht werden.

Was Andreas Pinkwart, FDP, natürlich meint, wenn er sich zitieren lässt, man könne es "nicht zulassen", dass "reflexartig" nach dem Staat gerufen wird, erschließt sich mir nicht. Auch nicht, wie er das grundsätzlich zu verhindern gedenkt.
Aber in NRW findet demnächst ja eine Landtagswahl statt - und irgendwie muss man ein paar mediale Worte rüberretten.


Der Artikel über ein Interview mit Birgit Fischer, Vorsitzende der Barmer Krankenkasse und ehemalige Ministerin, wird auf Handelsblatt.com heute mit "fordert höheren Krankenkassenbeitrag" aufgemacht.
Wie das zustande kommt, obwohl das nur eine einzige der vielen im Interview angesprochenen Forderungen zum Ausgleich des erwarteten Defizits in der Finanzierung des Krankenversicherungssystems ist, ist unklar.
Ein wenig Tendenz darf hier wohl gemutmaßt werden.

Im Artikel selbst wird dann mehr als ein Mal betont, welch postive steuernde Wirkung doch der Zusatzbeitrag im System entwickelte, obgleich Fischer mindestens ein Mal deutlich darauf hinweist, diesen Beitrag als alleiniges Steuerungsinstrument abzulehnen.
Was mir einleuchtet: Auch für mich wäre ein höherer Beitrag momentan einziger Beweg- und Unterscheidungskriterium für einen Kassenwechsel.
Das sollte so aber nicht gewünscht sein, da es dann um den preislich günstigsten Anbieter gehen wird und nicht um Qualität oder Versorgung.
Kommt man dann unten, am "Limit", an, wird man wieder Mindeststandards einbauen müssen.
Die niedriger sein dürften als heute.

Dass damit nichts an zentralen Systemproblemen geändert ist, tat ich bereits kund.

Montag, 19. April 2010

#Sozialversicherungen, #Finanzmarktkrise und menschliches Scheitern

Gestern hatte ich im Tagesverlauf einen Gedanken, der von Kaberettist Richard Rogler später Abends im Format "Mittnernachtsspitzen" aufgegriffen wurde.

Und geht die "Kultur des Scheiterns" ab, wir verbieten sie uns selbst.

Wie genau ich darauf kam, kann ich noch nicht einmal sicher rekapitulieren, es muss allerdings wieder einmal etwas mit dem "Beinahe"-Zusammenbruch des Finanzsystems in den letzten beiden Jahren zu tun haben.
Ein "Scheitern" war und ist dabei unmöglich.

Damit nimmt man eigentlich ein elementares Menschenrecht und -bedürfnis: Fehler zu machen.
Was ich als Argument weit schwerwiegender finde als davon zu sprechen, man habe die "Marktmechanismen" außer Kraft gesetzt und Institute vor dem Bankrott bewahrt, sie konnten daher nicht scheitern und vom "Markt" verschwinden.

Das hat etwas von Rentenzahlungen an Finanzinstitute, geht man davon aus, dass "Renten" als (Über-)Lebenssicherung, ab einem gewissen Alter, gedacht sind.
Das "Alter" ersetze man hier durch "Größe", Bilanzsumme bspw., als spezifizierenden Faktor.
Und schon hat man eine, mindestens temporäre, Rente der Steuerzahler an die Finanzinstitute.

Die ja selbst Steuerzahler sind, aber niemals ihre eigenen Ausfälle bestreiten könnten.
Und wie war das?
Demographie zerstört unsere Sozialsysteme?
Größe tut es also auch, nur auf anderen Wegen.

Donnerstag, 15. April 2010

#sozial und #social als #Feigenblatt des digitalisierten #Kapitalismus

Was sind "social" communities oder "soziale Netzwerke?
Im Kern sollen diese Worte internetbasierte mittels dynamischer Websprachen abgefragter und befüllter Datenbanken auf großen Serverfarmen lagernd beschreiben, denen Daten zugetragen werden.

Denn mehr sind bspw. Facebook oder StudiVZ nicht.
Menschen, die sich dort mit irgendwelchen, gar realen, Daten anmelden, machen sie erst zu einem genutzen "Dienst".
Die Daten sind Momentaufnahmen, Abbilder unserer selbst, welche als Avatar auch in unserer Abwesenheit Kontaktoptionen bieten sollen.
Ich nenne es auch "Kontaktfiktion", schließlich wird dazu Elektrizität, ein internetfähiger Computer sowie ebendieses Internet, ein Zugang, benötigt.

Das Netzwerk lebt nicht, es beginnt auch keine "Existenz" im biologischen Sinne, doch findet eine Vergrößerung und Aufblähung der datenbankverwalteten Datenbestände statt, sofern Daten eingegeben werden.
Dabei können das wir beschrieben alle Daten sein, einzig das Nutzversprechen kann Menschen überzeugen reale Informationen preiszugeben.
Hier findet das erste "Tauschgeschäft" statt: Die Community wird dem Nutzer einen Nutzen stiften, wenn er Daten, seine realen Daten, eingibt.
Und sie wird nur dann "richtig", also für alle User, funktionieren, wenn die Daten zumindest eine Mindestplausibilität aufweisen.
Hier kommt es zum ersten Appell ans "soziale Gewissen" des Nutzers: Gäbe er keine oder falsche Daten preis, verhinderte er die optimale Nutzung durch alle anderen.
Dass er aber dem Anbieter/Betreiber eigentlich nur ökonomische Kosten mit zweifelhaftem oder geringem Nutzen übergibt, wird dabei nicht offen kommuniziert.
Es senkt andererseits die Prüfungs- und Selektionskosten der Betreiber, da sie hauptsächlich mit "validen" Daten und Informationen mittels kontextsensitiver Werbung Geld verdienen können.
In einem anderen Kontext ging ich bereits auf die Verlagerung von Unternehmenskosten auf die Käufer/Individuen über; mittlerweile scheint es mir als einkalkulierter Ausfluss einer angebotsorientierten Ökonomie zu sein ("Vom 20 Cent 'Prosumer' und der Deutschen Post")

Neben der Formulierung "sozial" ist dies schon die zweite bezeichnend fragwürdige Einlassung das Thema und den Inhalt betreffend.
Auch in diesem Zusammenhang fungieren "sozial" oder "social" als Feigenblätter um zugrunde liegende Systematiken und Bedingungen zu verdecken; Der Kapitalismus als solcher scheint sein Überleben mittlerweile stärker aus seiner Wandlungs- und Integrationsfähigkeit als seiner ökonomischen Dynamik zu ziehen.

Was soll "sozial" sein an einer Internetseite, welche auf einer Datenbank fusst, die den öffentlichen Raum im Internet monopolisiert, bzw. danach strebt/darauf hinausläuft, und als Gegenleistung die Gewinnmöglichkeit aus möglichst vielen Nutzerdaten verlangt?
Wobei man das auch als "Fortschritt" interpretieren könnte: Mittlerweile werden nicht mehr Menschen selbst, sondern nur noch deren Abbilder und Daten/Informationen ausgebeutet.
Wenn da nicht das Problem bestünde, dass es ohne die Menschen und ihre die Spezifizät der Daten prägenden "Lebensumstände" die Daten und deren gewinnbringende Verwertbarkeit durch die Werbe- und später Konsumgüterindustrie nicht gäbe.
Negativ daran ist, dass es die "Notwendigkeit" der Auseinandersetzung damit nimmt: Eigentlich ist eine Community wie ein Supermarkt, nur dass der "Kunde" in einem solchen schwerer zu differenzieren ist. Da die Industrie als Endkunde der Daten und gleichzeitig der Profil- und Dateninhaber als "Kunde" der Dienstleistung "Community" zu betrachten ist.

Lässt man natürlich das "Heilsversprechen" der engeren Vernetzung von Menschen auf virtueller, die Distanzen überbrückenden Arten weg, bleibt nur noch schnöder Verwertungsgehalt.

Am Ende stellt eine Community nur die Technik zur Distanzüberbrückung zur Verfügung; die Deutsche Bahn oder der PKW müssten in diesem Kontext als noch "sozialer" angesehen werden, schließlich basieren die "sozialen" Verbindungselemente und deren Wirkungen EINZIG auf dem Wirken der Nutzer, die es freilich ohne Community so nicht gäbe.
Ein circulus vitiosus also.

Die Popularität dieser ist eher Ausfluss gesellschaftlicher Technisierung und Verlagerung von Lebensbereichen und Ressourcenzugänge bzw. deren Kontrolle ins Internet.
Das beliebte Beispiel ist der Automat der Deutschen Bahn AG, an welchem man Tickets nicht nur günstiger, sondern auch sehr viel schneller erhalten kann.
Die zunehmenden Kartenzahlungen von Verbrauchern und Käufern kann als weiteres Beispiel angesehen werden.

Da kapitalistische Produktion Grundlage für Genese und Erhalt der "Netzwerke" und Communities und nicht elementar und tiefgreifend änderbar ist kommt es zu einem Wahrnehmungswandel dieser; daraus folgt eine positivere, geänderte gesellschaftliche Wahrnehmung der Grundlagen durch einen (kurzfristigen) Nutzen des Outputs dieser und derem langfristigen allgemeinen Nutzenversprechens.

Aussagen der Anbieter, erst Popularität und Nutzung generieren zu wollen, wie dies bspw. bei Twitter und Google sein soll, und später ein "Geschäftsmodell" zu definieren ist wohl die wichtigste Differenz zur dotcom-bubble aus dem Jahre 2003.
Dies entspricht dem Versuch, eine "Systemrelevanz" im "Web 2.0"-Bereich zu erringen: Je häufiger/intensiver mit einer Plattform kommuniziert und sich dort eingerichtet wird, "Freunde" verbunden und Kontakte geknüpft werden, desto unverzichtbarer wird der Dienst.
Desto stärker nimmt die Abhänigkeit vom Internet zu, da die Opportunitätszeit eben nicht für eine Kontaktpflege in der Realität genutzt wird.
Kommt es wenigestens nicht zur totalen Verlagerung der Interaktion ins Internet, so ist eine hohe, lose Kontaktfülle Spezifikum solcher Online-Plattformen und werden, falls sie einen Mehrwert generieren, nur ungern vermisst werden wollen.

Die Individuen geben Informationen und Daten an unzählige Dienste und Plattformen weiter, bis sie durch ihr Verhalten den "Markt" monopolisierten, mindestens oligopolisierten, und eine Konzentration auf einige, große und damit einflussreiche "Spieler" beendet wurde.
Dann tritt man ins Stadium ein, in welchem es nicht mehr relevant ist, möglichst breit und diversifiziert aufzutreten, sondern in den "Netzwerken" der großen "Spieler" möglichst breit und intensiv vertreten zu sein.
Alle eingegebenen Daten, also auch die, man man später eventuell nach einer Konzentration nicht mehr benötigt, lassen sich so leicht aber nicht mehr löschen.

Im Allgemeinen bestimmen Betreiber "asozial", da monopolisitisch, über Datenerhebung und deren interne Verwendung; externe Datenweitergabe wird deutlich kritischer betrachtet und von Nutzern hinterfragt.
Das prinzipielle Geschäftsmodell allerdings lässt sich dadurch nicht angreifen oder negieren, da ansonsten die gesamte Existenz der Plattform thematisiert würde.
So sind in allen mir bekannten Communities, bis auf Facebook vom Hören-Sagen, keine Möglichkeiten geschaffen nach einer Anmeldung anderen Nutzern/Profilen gegenüber tatsächlich "stealth", also "unsichtbar" aufzutreten. Gewisse Datensätze sind immer sichtbar, egal ob diese Einstellung gewählt wurde, oder nicht. Meist ist genannte Einstellung so nicht verfügbar, eine Wahlmöglichkeit liegt also erst gar nicht vor. Bislang scheint es diesbezüglich ein "stillschweigendes Agreement" zu geben.
Die Betreiber haben kein Interesse an Fakes oder leeren Profilen, da diese nur Kosten und keine Formen des Gewinns abwerfen. Daher werden gewisse Daten zwingend abverlangt, um mit diesen "Stammdaten" einen Mindestverwertungserfolg zu erzielen.
Und andere Daten werden automatisch und nicht änderbar freigegeben um eine spätere mögliche Verwertungskette nicht schon im Keim zu ersticken.

So werden die "Nick", teilweise "Klarnamen", bis vor kurzem noch tatsächlich zutreffend, öffentlich freigegeben um eine "Suchmöglichkeit", also letztlich das Auffinden der Daten durch einen Dienst oder Profilnutzer zu ermöglichen und auf einer Verlinkung basierend weitere Plattformvernetzungsmöglichkeiten zumindest wahrscheinlicher zu machen.
Wodurch erste Nutzen und spätere Gewinnpfade generiert werden.

Organisiert man systeminternen Protest, wie gerade bei Facebook geschehend, kann man nichts grundsätzliches ändern, da Betreiber auf gewisse Notwendigkeiten angewiesen und ebensolchen Handlungsrationalitäten unterworfen sind.
Zuende gedacht kann es zu einer "Demokratisierung" durch das Internet nur auf diesen Gegebenheiten und Rationalitäten kommen.
Der Preis für Meldungen und Bilder per Twitter und Facebook bspw. aus dem Iran sind Monopolstrukturen und gesellschaftliche Einflussnahme und deren Ausbau dieser Dienste.
Dies führt zu einer Erpressbarkeit der anderen, nicht interessierten, oder "leading" User.

Samstag, 10. April 2010

Griechenland, Finanzsystem und Heuchelei und Systemrelevanz

Seit geraumer Zeit wird das Beispiel Griechenland benutzt um allerorten von "Staatspleiten" zu fabulieren.

Ich möchte nun nicht auch noch darauf einstimmen, hohe Rentenzahlungen, die gemäß griechischen Bonisystems gar nicht so hoch sind, und anderes fast schelmisch zu kritisieren.
Auch nicht erneut auf den Umstand hinweisen, dass Staaten der Eurozone Staatsdefizite eben nicht durch Abwertung der eigenen Währung negieren und vermindern können.
Oder ebenso der Auffassung zustimmen, Außenhandelsungleichgewichte trügen zu solchen und anderen Problemen bei, wie dies das Blog "Wirtschaftsquerschuss" oder Albrecht Müller in den "Nachdenkseiten" oder diverser Bücher tut.

Es drängt mich hier einfach festzuhalten, mit welcher Verve und Heuchelei hier über Staaten und Völker hergezogen wird, während tiefer gehende oder schwer wiegendere Probleme nur unzureichend gewürdigt zu werden scheinen.

Ich meine so zum Beispiel die Verschuldung der USA, das "[im] Februar 2010 mit einem Defizit von -220,909 Mrd. Dollar, dass höchste jemals in einem Februar gemessene Staatshaushaltsdefizit aus[wies]"
Es steigt seit Jahren massiv an, der Balkenchart bei Wirtschaftsquerschüsse ist beängstigend, die jährlichen Einnahmen und Ausgaben geradezu grotesk.
Da fehlt schon seit längerem jeglicher Gleichlauf.
Die Staatsverschuldung kennt nur eine Richtung und verläuft exponentiell.

Was unterscheidet Griechenland von den USA?
Gewicht im Wirtschaftssystem bspw. - Nordamerika bspw. macht rund 28 Prozent, die USA 25 Prozent, am weltweiten Bruttoinlandsprodukt aus (Zahlen vom Blog Tradeinvestment); Griechenland dagegen nicht einmal 7 Prozent.
Die Zinssätze der US-Staatsanleihen, das ist der Zins, den die USA zahlen müssen, um sich weiter verschulden zu können, sint trotzdem seit Jahren.
Eine irrwitzige Veranstaltung.
Offensichtlich sind die "privaten Finanz- und Kapitalmärke" davon "überzeugt", dass die USA sich günstig refinanzieren oder aber ihre Schulden jederzeit bedienen können.

Ob dem so ist, oder nicht spielt für mich auch nicht die Rolle.
Es könnte ja auch die Erwartung einer deutlich-kompensatorischen wirtschaftlichen Entwicklung widerspiegeln.

Worum es mit geht:
Wenn der Fall der Zahlungsunfähigkeit einst eintreten sollte, wird es gewisse, heute als grundlegend geltende, Regeln nicht mehr geben.
Ich vergleiche das gerne mit der Enteignung der Aktionäre der Hypo Real Estate (HRE) zur "Rettung" einer "systemrelevanten" Bank.
Damals wurde nicht eindeutig geklärt, was "systemrelevant" eigentlich bedeuten soll und sinnvolle Handhabungen abgelehnt.
Was auch "Sinn" macht, wenn man das Spiel was manche spielen oder allgemein abläuft, erstens weiterhin so ablaufen lassen möchte und zweitens zu verhindern sucht, (notwendige) Maßnahmen auf dieser Basis schon heute zu ergreifen.
Macht man nämlich quantitative Angaben zur "Systemrelevanz" und leitet daraus bspw. die Notwendigkeit zur "Stärkung der Eigenkapitalbasis" ab, müsste man Kreditinstitute dazu zwingen.
Eine Deutsche Bank, in Hochzeiten der "Finanzmarktkrise" mit einer Bilanzsumme von 2 Billionen EUR, könnte man aus solchen Maßnahmen sicher nicht ausschließen.

Sollte es einst zu einer "Zahlungsunfähigkeit" kommen, welche nach betriebswirtschaftlichen Maßstäben nur mehr kodifiziert werden müsste, dürfte es bei einer Mindestschwere des Problems keine "privaten Finanz- und Kapitalmärkte" mehr geben.
Daher auch meine Grundannahme, kein Staat könne im Kern "pleite gehen".
Zumindest kein Staat mit einem Mindestgewicht im internationalen (Finanz-)System.
Wie heisst der Spruch?
"Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert"?
So sehe ich auch die USA an.
Man kann das ganze ausweiten.

Seit 2003 die Aktienmärkte aufgrund der "Dotcom-bubble" zusammen brachen, wurden Zinsen gesenkt und Geldmengen ausgeweitet.
Das geht nun also schon sieben Jahre mit unterschiedlichen Ausprägungen so.
Unsere Antwort ist heute die selbe wie auch schon 2003. Die Grundprobleme scheinen mir zu wachsen.

Um es ganz klar zu sagen: Eine "Pleite" einer USA, welche einen Anteil von einem Viertel am weltweiten Wirtschaften hat, ist für mich nicht nur unvorstellbar, sondern letztlich ganz unrealistisch.
Egal was notwendig sein wird um es entweder zu verhindern, die Probleme zu verschleiern oder lösen, man wird sie unternehmen.

Die Außerkraftsetzung des "freien" internationalen Devisenhandels wäre bspw. nur ein geringer Preis.
Schon aufgrund demokratischer Prinzipien könnte es dazu kommen - so es bis dahin noch "echte" Demokratien und nicht Output-orientierte Pendants gibt.
Bis dahin sträuben wir uns, solches festzulegen oder den Akutfall festzustellen.

Eine andere Option wäre "Geldproduktion", Geldschöpfung und Kontrolle über das Geld in private Hände zu legen.
Das bedeutete mutmaßlich eine Kreditlosigkeit für sich über Gebühr verschuldende Staaten.
Allerdings ist die heute auch schon offensichtlich hohe Staatsverschuldung kein Grund für höhere Refinanzierungskosten auf den Kapitalmärkten.
Man könnte dies allein mit dem Intervenieren der nationalen, also staatlichen, Notenbanken erklären.
Wären diese privatisiert, müssten sie bei Exzessen aber ebenso eingreifen.
Und wer wäre dann der "lender of last resort"?
Wer sollte den IWF refinanzieren, wenn die USA zahlungsunfähig würden und sich auch keine neuen Mittel mehr besorgen könnten um den Fonds auszustatten, der in anderen Ländern, wie bspw. Griechenland, eingreift?
Wenn auf Geld von Steuerzahlern zurückgegriffen werden soll, gerade um Entitäten zu finanzieren, mit denen man individuell gar nichts zu tun hat, wird das auch mit Eingriffsrechten verknüpft sein müssen.
Oder es führt dazu, dass nahezu alles als "systemrelevant" deklariert wird - wünschenswert ist das nicht.

Durch die Aufhebung des Devisenhandels wäre es möglich, Währungen gegeneinander unbestimmt abwerten zu lassen und sich Schulden zu erlassen.
Fraglich ist ja auch, ob wir die bereits international angesammelten Schulden überhaupt "abzahlen" können - zumindest in heutigen Standards.

Das, was da mit Griechenland abläuft, lässt sich nur mit einem Staat machen, dessen Anteil am Welt-BIP eher gering, bzw. nicht "systemrelevant" hoch ist.
Und anstatt die eigene europäische Politik im Hinblick auf die Eurozone zu überprüfen, vertiefen und eigene Instrumente wie den einst angedachten "EWF", Europäischen Währungsfonds, zu konzipieren, werden die Bindungen zu den USA auf Umwegen erhöht: Indem man den IWF an den Kreditfinanzierungen Griechenlands beteiligt.
Und wie schwierig die Reform des IWF ist, sollte aus den letzten Jahren durchaus bekannt sein.
Ebenso Bestrebungen bspw. lateinamerikanischer Staaten eigene Währungsfonds zu gründen und aus den Eingriffen bspw. in Argentinien zu lernen.
Für die Chinesen ist solches nicht nur vorstellbar, sondern aufgrund des schwachen und durch die USA praktisch unbegrenzt abwertbaren US-Dollars zu erwarten.
Die durch Exporte überschüssigen Dollarreserven in amerikanische Aktien, wie die Citigroup, zu investieren, dürfte absehbar auch eher frustrierend sein. Allerdings erhöht es eine systemstabilisierende oder durch einen Dominoeffekt -gefährdende Interdependenz.

Die Pleite einer Bank war da nur ein Anfang, ihre doch eher "mühsame" Verstaatlichung ebenso.
Diese Diskussion wird man irgendwann nicht mehr führen müssen, sollten sich existenzielle Grundlagen nicht ändern.