Freitag, 20. April 2012

Staatsschulden, Schuldenbremsen und grundsätzliche Überlegungen


Demnächst wird die "Schuldenbremse" in diversen Verfassungen von Bund- und Ländern volle Wirkmacht erreichen und von Haushaltsgesetzgebern diverse Einsparung zur Zieleinhaltung verlangen.
Bevorzugt propagiert und durchgesetzt wurde dies u.a. durch die FDP.

Fällt der Staat, die "öffentliche Hand" als Auftraggeber von Projekten und Maßnahmen, die Arbeitkräftenachfrage erhöhen, weg, so entsteht wenigstens zunächst eine Lücke.
Ansonsten müsste erwartet werden, dass die wegfallenden Schulden, welche an anderer Stelle ja sofort und direkt Investitionen und Konsumptionen auslösen, durch Steuermittel ausgeglichen werden.

Wie es zu einer "Steuersenkungspartei" passen soll, eine "Schuldenbremse" einzuführen, ist mindestens in deren ersten Wirkphase nicht leicht verständlich.

Nun lässt sich, wie oben bereits angedeutet, jede bislang schuldenfinanzierte Maßnahme auch weiterhin finanzieren - nur eben durch "gedeckte Titel", also Steuermittel.
Man gehe davon aus, dass "heutige Schulden" nicht durch "heutige Steuereinnahmen" finanziert werden, werden können oder gedeckt sind.

Es könnte ja auch rational sein, sich zu niedrigen Konditionen zu verschulden und das Geld teurer zu "verleihen" oder an Unternehmen weiterzureichen.
Etwas, was im Zuge der zuende gehenden "Eurokrise" übrigens seit Langem geschieht: Banken bekommen zinsgünstiges Kapital, also Kredite, zu sagen wir 1% Verzinsung und reichen sie an Länder über Staatsanleihezinsen zu vielleicht drei oder vier Prozent weiter.
Das, was der Privatsektor mit steuerlicher Unterstützung, die EZB ist ja letztlich nur durch Steuergelder gedeckt oder überhaupt deckbar sofern es zum "totalen Systemausfall" käme, tut, woll und wird dem Staat allein demnächst nicht möglich sein: Eine ganz einfache und möglicherweise rationale Kapitalmaßnahme zu vollziehen: Billig verschulden und teurer Zurückzahlen (lassen).
Im Falle der Gebietskörperschaften entspricht der Rendite spanischer oder italienischer Staatsanleihen den erwartbaren Steuermehreinnahmen durch sinnvoll investiertes "Schuldgeld": So kann ein in die Infrastruktur investierter Euro später zwei Euro Steuereinnahmen generieren.


Das aber nur, jetzt wird es interessant, und ausschließlich, sofern die "Steuerbasis", die Verwaltung zur Steuererhebung und -eintreibung sowie das politische System, welches die zu veranschlagenden Steuern bemisst bzw. festsetzt, funktioniert.
Hegt man dort über längere Zeit den Wunsch oder das Ziel stärker von "Steuern" weg zu "Privatvermögen" zu kommen/gehen - da sich Geld ja nicht "auflöst", sondern nur transferiert oder wandelt - wird man diesen Weg und die Basis dafür logischerweise entziehen.
Irgendwann erhält man einen angeblich "überschuldeten Staat".
Hierbei muss rein theoretisch und systematisch aber im Sinne der "radikalen Demokratie" und des Staates als Letztgarant jedes Eigentums überhaupt, denn Individuen können das nicht und konnten das noch nie, angemerkt werden, dass jeder gesamtstaatlichen Pleite eine vorher konstatierbare gesamt(privat-)wirtschaftliche Pleite vorausgehen muss.

Denn eine "Staatspleite", also der letztendlichen Unfähigkeit zur Erfüllung ureigenster staatlicher Aufgaben und Hoheitsrechte, wie ja immer behauptet, muss notwendig die Auflösung der Eigentumsgarantie zur Folge haben:
Wenn es keine vom Staat zur Wahrung allgemeiner Grundsätze und in dieser Allgemeinheit und weitgehenden "Interessenlosigkeit" bzw. besser "Interessenausgleich" beauftragte und finanzierte Exekutiven wie Polizei mit Gewaltmonopol und repressiver Ausübung und späterer Aburteilung durch Gerichte, etc. gibt, dann hindert auch nichts das Privateigentum eines anderen zu "sozialisieren". "Sozialisation" ist dabei, aufgrund nicht einmal mehr garantier- oder aufrechterhaltbarer "Gemeinschaftsbesitztümer" aber ebenso irreführend.
Ansonsten wäre der Einzug von Privatvermögen zum schieren Erhalt desselben in Form des Privateigentums denkbar: privat finanzierte "Polizei" oder "Bürgerwehren" mit von privaten Rüstungskonzernen gekauften Waffen, von privaten Autoherstellern gekauften PKW, etc.
Dann allerdings muss man mit der bis dato weitgehend "eigentums- und besitzlosen Masse" etwas anfangen und etwas unternehmen, damit diese nicht auf die Idee kommt, etwas "gerechter zu verteilen".
U.a. deshalb ja der Gedanke, die Massenarmut und -besitzlosigkeit im Sinne eines (bescheidenen) Anteils an Eigentum und Besitz aller zum geringeren Schaden weniger relativ zum größeren Schaden bei Aufständen und Unruhen, etc., "umzuverteilen".
"Mehr mehr alle besitzen, desto mehr können auch einige Wenige besitzen" - die Akkumulationsfähigkeit wird durch die eigentlich zunächst paradox anmutende Verteilung an "alle" oder "die Masse" erreicht.

Da es noch Privateigentum und weder Anarchie noch massenarbeitslose Polizisten, etc. gibt, ist keine "Staatspleite" anzunehmen, könnten dann doch keine (Beamten-)Gehälter mehr bezahlt oder Auto- bzw. Waffenkäufe oder Modernisierungen getätigt werden.
Was wir also sehen, ist eine gewollte, bewusste und gewünschte Einschränkung der Handlungsfelder des Staates im Sinne eines "Fiskalstaates".
Vermutlich wiederum als Reaktion auf die Ausweitung erstens des staatlichen, also gesamtgesellschaftlichen, Einflusses auf Privateigentum und "private Lebensführung" und zweitens zur Begrenzung von Prozessen, welche gewisse Interessen und Strukturen möglicherweise ins Hintertreffen geraten lassen.
Da wäre die Finanzierung einer allgemeinbildenden Schule zu nennen.
Diese kann durch Erhebung von Steuermitteln erreicht werden; die Klage über die "ständig steigenden Steuern" und über die "mangelnde Ausgabensteuerungsfähigkeit" ist schon deshalb fragwürdig, weil auch die Kosten "ständig steigen".

Baukosten, Lohn- und Gehaltskosten, Energiekosten, Instandhaltung, Neubau, etc. verteuern sich nicht nur jedes Jahr, sondern berechenbar monatlich.
Bei Privathaushalten wird dies anhand der "Lebenshaltungskosten", sehr prominent und beliebt die Benzinpreisklage oder "abzocke", gerne für Lamtenti oder Lohnsteigerungsforderungen bemüht; für den Gesamtstaat scheint dies gerade in den letzten Jahren nicht zu gelten.
Hier wurde der öffentliche Dienst verkleinert, Zulagen wie Weihnachtsgeld oder dreizehntes Monatsgehalt abgeschafft.
Die Verteuerung von Materialkosten erhöht aber auch die notwendigen Steuermittelbedarf zum Bau von Einrichtungen.
Entziehen Menschen wie Privateigentümer, oder einfach "Wohlhabende", ihre Kinder solchen öffentlich finanzierten Einrichtungen, so sehen sie auch weniger Nutzen für die "öffentliche Finanzierung" angeblich ohnehin "qualitativ schlechterer Produkte und Ergebnisse".
Sonst gäben sie ihre Kinder ja nicht in Privatschulen - sie halten die Öffentlichen für "schlechter" oder "zu schlecht" und erwarten daher "Nachteile im Wettbewerb" für ihren Nachwuchs.

Die Durchsetzung solcher Modelle und Infragestellung der Finanzierung wird aber überhaupt, sieht man mal von langwierigen und keineswegs immer eindeutigen qualitativen Studien oder politischer Einflussnahme, welche durch nicht andere, nicht minder "einflussreiche" Interessen begrenzt wird, ab, erst und durchschlagend durch die Begrenzung öffentlicher Mittel möglich und perspektivisch.
Denn wenn eine Kommune eine Schule bauen will oder "muss", da Weisungs- und Pflichtaufgaben, etc., so muss sie schon in der Bauphase noch stärker als bislang nicht nur öffentlich ausschreiben, sondern den "wirtschaftlichsten", eher "billigsten", Bauträger am Markt nehmen - mithin ein Privatunternehmen.
Steht dann die Schule und wirft erwartbar keine "Gewinne" ab, zumal gar keine "Gewinne" direkt bei der Kommune anfallen sondern bestenfalls im Länderfinanzausgleich bzw. Finanzausgleichen zwischen Kommunen und innerhalb der Länder ansich anfallen, die sogenannte "Bildungsrendite gemessen am investierten Euro" also, stellt sich die Frage, was denn zur Erhaltung und später notwendigen Modernisierung zu tun sei.
Sofern die Kommune keine Kassenkredite mehr aufnehmen kann/darf, wird nur die Schließung oder Privatisierung weitgehenster Art bleiben - sodass diese Position "aus den Büchern verschwindet". Womit sich wiederum die politische Steuerungsfähigkeit infrage stellt, wenn man in Bund-Länder-Verhandlungen beim Hochschulbau oder Föderalismus allgemein gerne davon spricht, dass "bestellt" wer "zahlt".
Eine rein finanzwirtschaftliche Kategorie also, die nur in zweiter Linie durch politische, demokratische, Steuerung geprägt sein soll und wird.

Die Kommune wird aber für die Schule zahlen müssen - wird doch kein Privateigentümer oder Vermögender dauerhaft mehr ausgeben als einnehmen. "Einnahmen" im Sinne von "Einkommen" fließen aber durch einen Schulbetrieb, jedenfalls aus heutiger Sicht und Struktur, nicht. Also muss die Kommune in Vorleistung gehen.
Das ist im Übrigen auch die Logik der sogenannten "Öffentlich-Privaten-Partnerschaften" (ÖPP; PPP). Die Kommune müsste sich dieses Geld dann wieder anderswo besorgen, sofern sie die Schuldenbremse damit immernoch nicht einhalten kann - bliebe nur noch die jeweils höhere Gebietskörperschaft im Umlagesystem.
Wenn eine Schule aber schon im laufenden Betrieb keinen "Gewinn" abwirft - weshalb sollte ein Kapitalist dann eine solche erst bauen? Woher sollte die Marge oder die auf Jahre hinweg gesehene "Rendite" des Objekts kommen?

Die Kommune kann sie ja ggf. nicht mehr finanzieren, da sie keine Schulden mehr machen darf.
Welche sie ja gemacht hätte und mittels Gewalt- und "Schuldenmonopol", da letztlich die EZB als Aggregat aller Notenbanken, Geld "aus dem Nichts" schaffen kann, was entweder zusammenbricht oder mittels Steuergeldern allemeiner Art, also der GEsamtgesellschaft, unterlegt wird, von letztlich allen Teilnehmern einer Gesellschaft, in differenter Anteilnahme, eingetrieben hätte.
Insofern war die Möglichkeit zur öffentlichen Verschuldung auch eine teilweise gewünschte bzw. sogar "notwendige" Form der Umverteilung auf viele Schultern.
Man könnte dahinter sogar ein Prinzip der "Allgemeinverantwortung" aller für alles sehen - mehr als alles kann man selbst armen Menschen nicht mehr nehmen. Braucht man dann, um wenigstens den Systemzusammenbruch zu vehrindern, mehr Geld/Kapital muss man zwingend an Enteignung der Privateigentümer denken und so handeln. Die das wiederum zur Sicherung wenigstens eines geringen Teils des der Allgemeinheit auf deren Kosten entzogenen Privateigentums nutzen wollen dürfte, siehe oben.

In einer Struktur ohne de facto "grenzenlose" Verschuldung der Gesamtgesellschaft, repräsentiert durch den demokratisch fundierten Staat, bleibt dem Staat nur Steuermittel einzutreiben.
Wo man es sich bisher also im Zweifel "immer irgendwo besorgen konnte", wenn tatsächlich notwendig - wie bspw. in der "Bankenkrise" 2008 -, wird man zukünftig bei nicht an "Naturkatastrophen" oder "massive wirtschaftliche Störungen", die das mit hohen Mehrheitsvoten versehen ermöglichen könnten, erinnernde oder anmutende Problemen zum "Steuerzahler" laufen müssen.

Wenn heute also festgestellt wird, dass es "nicht die Zeit einer Steuersenkungspartei FDP" sei, da es "Staatsschulden", etc. gäbe, welche im Sinne einer angeblichen "Generationengerechtigkeit" abgetragen oder mindestens begrenzt werden müssten, und die Partei daher massive Verluste erleidet, so wird deren Klientel, die sie anscheinend doch zahlreich verlässt, durch oben genannte Entscheidungen nicht nur weiterhin priviligiert, sondern noch stärker gefördert und Interesse sowie Einfluss noch gesteigert.
Die Splitterung derer, die keine Steuern zahlen können, weil sie nicht genug Einkommen oder Vermögen besitzen, und denen, die das nicht wollen, also vornehmlich Oberschicht bzw. (obere) Mittelschicht, wird zunehmen und im sich daraus verstärkenden Konflikt wird sich die Steuerungsfähigkeit des Staates durch seine Finanzierung entscheiden.
Die Möglichkeit zur Durchsetzung u.a. dieser Interessen erhöhte sich ganz einfach; sogar noch gewichtiger wenn man Tendenzen von "Geringverdienern" und "Abgehängten" bedenkt, die ohnehin seltener wählen gehen, Parteien eher "nicht vertrauen" und "Politikverdrossenheit" aufweisen, Steuerungsfähigkeit des Staates, zu ihren Gunsten, infrage stellen und damit Legitimation und Funktion des Staates und politisches Systems in Zweifel ziehen. Deren Interessendurchsetzung dürfte für sich genommen also nicht einfacher oder praktisch wirkmächtiger werden.

Im Sinne des Wandels der Sozialdemokratie von einer "Arbeiterpartei", deren damalige Klientel aufgrund gewandelter Produktionsformen und gewandeltem Kapitalismus als solchem, kaum noch existiert, ist deren Zustimmung zur Dingen wie "Schuldenbremse" also folgerichtig.
Von Konservativen oder Liberalen braucht man diesbezüglich kaum anfangen, erwartet man doch wenig anderes von ihnen.

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