Donnerstag, 10. Dezember 2009

Vom 20Cent 'Prosumer' und der deutschen #Post

Gerade lief auf MDR-Info die Nachricht über eine Preiserhöhung bei Paketen der Deutschen Post über den Äther.
Demnach sollen bei Beibehaltung der Portopreise für Postkarten und Briefe ebensolche für Päckchen von 3,90EUR auf 4,10EUR sowie Pakete höheren Gewichts um einen Euro erhöht werden.

Nun könnten die Produktionspreise des Angebots "Auslieferung von Paketen und Päckchen" gestiegen sein.
Hierfür kämen Lohnkosten, Lohnstückkosten, Rohstoffpreise zur Benutzung der Geräte zur Sortierung/zum Transfer sowie höere Steuern/Abgaben bzw. sinkende Auftragsbestände, gesunkene Zahlungsmoral, etc. infrage.

Unter diesem Gesichtspunkt könnte man die pauschale Portoerhöhung für schwerere Pakete nachvolliehen und ggf. gutheissen.

Allerdings sollten online-bestellte Päckchen von der Portopreiserhöhung um 20 Cent befreit werden und also beim aktuellen Preis von 3,90EUR verbleiben.
Entweder kompensiert der Vorteil realisierbarer Ersparnisse des Unternehmens durch die Online-Frankierung die von diesem nicht zu verantwortenden Kosten für den Transport oder die ohnehin realisierten Gewinne sind an sich schon darüber liegend.
Der Druck auf "rationale Konsumenten", also Päckenversender die prinzipiell fähig sind zwischen einer Online- und Offlinefrankierung in einer Filiale zu wählen, dürfte weiter zunehmen, zumindest aber nicht sinken, für eine Online-Frankierung zu optieren.
Bis dato möglicherweise unwillige Menschen könnten sich durch hohe Umsatzzahlen genötigt, in Extremfällen gar gezwungen, sehen auf diese für sie kostengünstigere Option zurückzugreifen.

Nun muss man dies nicht nur einzelmotivatorisch und einzelfällig, sondern konzernglobal betrachten.
Die Deutsche Post strebt schon länger danach, Filialen zu schließen oder sie an andere Händler und/oder Unternehmen in Kommunen anzuschließen.
Diese zahlen dafür eine Gebühr, erhalten aber ggf. höhere Umsätze, da Paketversender womöglich auch etwas einkaufen.
Das Lieferunternehmen spart dadurch Mietgebühren für eigene Gebäude und kann Personal konzentrieren, also letztlich reduzieren.
Auch baut die Post aktiv Briefkästen und Filialen ab, offiziell in wenig besiedelten und unrentablen Regionen, obgleich sie durch die Mehrwertsteuerbefreiung im Gegenzug zur "flächendeckenden" Versorgung verpflichtet ist.

Dass die neue Bundesregierung eher dazu neigt, diese Befreiung abzuschaffen und anderen privaten Unternehmen im Sinne des "Wettbewerbs" größeren Zugang zu Postdienstleistungen zu ermöglichen, ist keine Neuigkeit.
Dass sich ein rational-kalkulierendes markttätiges Unternehmen darauf frühzeitig einstellen muss, auch nicht.

Wozu führt die mangelnde Preiserhöhungsweitergabe auf alle verfügbaren Bezugs- und Vertriebspfade?
Die Zahl der durch Online-Frankierung verschickten Päcken sollte zunehmen, wenn gleichzeitig für eine hohe und zunehmende Verbreitung des Internet gesorgt wird/ist.
Schaden kann dabei auch eine massive Propaganda des Internet als eines der, wenn nicht das, "wichtigste(n) Medium" des beginnenden 21. Jahrhunderts.

In der Tat stellt es für den Versender, den Konsumenten, eine mögliche Zeitersparnis dar und zwar dann, wenn sein individueller Aufwand den bisherigen nicht übersteigt oder gar unterbietet. Dazu zählen auch finanzielle Erwägungen sowie Zeit, die sich im Sinne der Marktgesellschaft in Zeit/Stundenlohn umrechnen lässt.

Prinzipiell ist es ein weiteres Bruchstück des seit Jahren stetig gedeienden Puzzels der Einbindung des Konsumenten in die Produktion einer wirtschaftlichen Leistung oder eines Produkts - eines Gutes/einer Ware - selbst.
Der Aufbau von Ikea-Regalen ist ein anderes beredtes Beispiel für diesen Vorgang; auch hier spart das Unternehmen an Transport und Aufbau sowie Personalkosten und überträgt dies auf den Käufer/Konsumenten.

Inwiefern diese "Abwälzung", denn von "Kooperation" kann rational aufgrund der fast ausschließlichen Solistentätigkeit des "neuen Prosumenten" nicht gesprochen werden, zu einer tatsächlichen Ersparnis für den Einzelnen führt, muss sehr genau kalkuliert werden.
Der Gewinn des Unternehmens allein scheint mir sehr viel schneller und klarer auszuweisen zu sein.

Durch die Übertragung der ursprünglich vom Unternehmen erbrachten Leistung kommt es zu einem Arbeitszeit und Arbeitsplat verlust in ebendiesem. Gleichzeitig könnte sich das Kompetenzmaß des jeweiligen Konsumenten erhöhen, wenn er mit einer neuen Aufgabe konfrontiert wird, die er so vorher nicht ausführen musste.
Allerdings hängt dies maßgeblich von individuellen Voraussetzungen des Käufers ab: So findet eine systematische Bevorzugung bereits gut ausgebildeter oder handwerklich begabter Menschen, was sicher nicht kongruent sein muss wohl aber eher wahrscheinlich sein dürfte, im Gegensatz zu denen, die dies aus welchen Gründen auch immer nicht leisten können, statt.
Das heisst, dass bereits vorhandene Probleme und Defizite perpetuiert und systematisch fortgesetzt/tradiert werden.
Und zwar schlussendlich immer mit der Folge der Gewinnmaximierung des Unternehmens, unbeachtet der individuellen Leistungserbringung des Konsumenten.

Um auf das aktuelle Beispiel der durch das Internet gestützten Frankierung eines Päckchens zurückzukommen ist es notwendig den dafür individuellen Aufwand zu erkennen, zu kennen und prozessual strikt aus- und durchzuführen.
Eine Planung und darauf aufbauende rationale Kosten-Nutzen-Kalkulation wäre also notwendig.
Doch dürfte dies aus vielen Gründen scheitern; Gründe die nicht immer vom Individuum selbst zu vertreten sind, genauso wenig wie vom Unternehmen wenn es die Leistung nicht überwälzt sondern selbst erbringt/erbringen muss.
Doch in letzterem Falle wird das Unternehmen genau solche Arbeitsleistung einkaufen, die die vorgegebene Tätigkeit mindestens ausreichend und ohne Beanstandungen durch die Kunden erfüllen. Und das in der vorgegebenen Zeit, der Arbeitszeit des lohnabhänig beschäftigten Mitarbeiters.
Es ist daher davon auszugehen, dass die so einzig betrachtete und ohne externe Faktoren bedachte Produktivität dieser Tätigkeit höher sein dürfte als durch in- und externe Probleme beladene oder gestörte Individuen.

In diesem Falle durch Filialmitarbeiter der Post.
Ein Konsument müsste also die einzelnen Schritte zur Online-Frankierung rationalisieren und strukturieren, die Voraussetzungen und Zeit der notwendigen Schritte messen und dazu ggf. benötigte Material- und Fahrtkosten einbeziehen.
Denn auch wenn man mittlerweile komplett ohne den Besuch einer Filiale Versendungen vornehmen kann, muss man dann doch mindestens eine Paketbox aufsuchen. Mutmaßlich stehen diese nicht immer in mittlerer Entfernung von bis zu einem Kilometer vom Standort der Online-Frankierung, weshalb eine Fahrt per PKW oder ÖPNV einkalkuliert werden sollte.
Was wiederum mit Zeit- und Finanzaufwand verbunden ist.

Verfügt man also über einen internetfähigen Computer, einen Internetzugang und die notwendige Zeit nebst Schaffung der Voraussetzung individueller Reproduktion, vulgo auch "Arbeit" genannt, benötigt man noch einen Drucker, Tinte, Papier sowie Strom zur Betreibung des Computers und Druckers.
Die Zeit, die man zum Auffinden und Benutzen einer Filiale oder Paketbox benötigt sowie finanziellem Aufwand zum Transport der Sendung in ebendiese muss ebenso einbezogen werden.

Die Kernfrage lautet dann also, will man schon die tiefere, darunterliegend oben nur angedeutete Veränderung der Produktions- und Konsummuster akzeptieren oder ignorieren:

Kann die relative Preissenkung, die auch nur eine virtuelle ist, da der bisherige Preis auch der neue ist nur höhere Opportunitätskosten bei Versendung eines Päckchens ab Stichtag bestehen, die individuellen Kosten kompensieren?
Und wenn das einzelkalkulatorisch eintreten möge, kann man dann auch auf eine Allgemeinheit schließen?
Eine volkswirtschaftliche Kostenrechnung gibt es zwar, diese schließt Wechselfälligkeiten aber nicht mit ein.
Ein grundlegend positiver Kommentar kann sich aus einem oder mehreren positiven Ergebnissen diesbezüglich nicht ableiten lassen.

Allein die Anreizwirkung und Veränderung der Produktions- und Konsumgewohnheiten dieser und anderer Leistungen dürfte eindeutig sein.

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