Sonntag, 3. Mai 2009

Nun ist es wieder das Bildungssystem

Seit Jahren hören und lesen wir, dass das deutsche Bildungssystem verbesserungswürdig sei und geändert werden müsse. Manche wollen sogar die verfassungsmäßig geregelte Föderalität zur Disposition stellen.

Dabei sind die Befunde mangelnder Integrationsfähigkeit oder die Kopplung des individuellen Bildungserfolges an den elterlichen sozialen Status, also eine nicht beeinflussbare Kollektiv-Komponente seit Jahren bekannt.
Es ist in diesem Zusammenhang auch unklar, wie vorallem die Abkopplung letzterer Aggregatsverbände funktionieren soll; es müssten andere Strukturen in den Familien und Elternhäusern vorherrschen, um sich auf die Nachkommen tradieren zu können.

Ich persönlich halte externen Steuerungseinfluss der Schulen und anderer Bildungs- und Fördereinrichtungen diesbezüglich für begrenzt und unfähig dieses Strukturproblem zu lösen.
Entweder müssten sich die internen Strukturen wandeln, was nachhaltiger aber schwieriger zu realisieren sein dürfte, oder die externe soziale Kontrolle müsste sich ausweiten und intensivieren, was u.a. durch staatliche Bildungsplanung erfolgte und zwar einfacher realiter umsetzbar, doch ideologisch schwieriger konzipierbar und weniger nachhaltig wäre.

Die Wendung hin zur Ganztagsschule ist eine solche externe Kontrollmaßnahme; mussten früher sechs bis acht Stunden in der Schule verbracht werden, können es heute schon bis neun oder zehn werden. Die Schüler und Kinder verbleiben im Verbund mit anderen, soziales Lernen wird ausgiebiger möglich. Andererseits wird die relative Erziehungs- und Fürsorgezeit der Familie und des -kreises verringert.
Eine weitere Tendenz sind sic vergrößernde Schülerzahlen in Privatschulen und der u.a. damit verbundenen zahlenmäßigen Zunahme derselben.
Im Umkehrschluss bedeutet diese Zunahme für "leistungsorientiert" Denkende einen Wettbewerb der Schulen und Schulformen um Kinder und Finanzmittel.
Erneut findet Wettbewerb auf Kosten anderer statt. So, wie es am Ende eigentlich immer ist, denn die, die über Schulreformen reden sind meistens schon längst nicht mehr im System.

Beliebt auch die Zitation von OECD-Studien und zahlenmäßiger Bildungsausgabenanteile an nationalen Bruttoinlandsprodukten. Oder die Diskussion um "Eliten", deren Förderung und um "Exzellenzcluster" und -hochschulen in einem "nationalen Hochschulpakt".
Hier wiederum gegenläufig die Ausweitung der Abiturientenquote an den schulverlassenden Altersjahrgängen pro Jahr. Mittelfristig, nicht nur von der SPD Sachsen, werden hier Quoten um 50% eines Jahrgangs angestrebt, was die Frage nach dem Wert und der Intensität des Abschluss "Abitur" aufkommen lassen muss.

Hier lautet meine zentrale These seit Jahren: Der Abschluss Abitur wird nivelliert, vermutlich gewollt und sehenden Auges.
Weitergehend erhöht man dann den Druck auf Studierende, die massenhaft Praktika absolvieren und viele Auslandsaufenthalte erlebt haben sollten. Ohne diese solle man sich keine "Hoffnung" auf eine gute, interessante Tätigkeit machen.
Das ist falsch und perpetuiert die Entwertung des vorherigen Abschlusses und ermöglicht ebendiesen "Eliten" und oben angesprochenen Kindern aus "besserem Elternhaus" wiederum mittels höherem verfügbarem Einkommen, daraus folgend größeren Chancen und - man will es gar nicht glauben in Zeiten von CFDs, CDOs und MBS - für sie relativ einfacher und folgenloser zu finanzierenden Studiengebühren größere individuelle Lebenschancen.

Es ist, als sei die "gleichmäßige Niveauanhebung" unten akzeptiert, wenn in diesem Duktus nicht gar gewollt, für den Preis der erneuten und noch massiveren Chancenspreizung oben, nach dem Abitur in und nach dem Studium.

Sinnvolle Ansätze und Problemlösungen sind das alles nicht.

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