Donnerstag, 18. März 2010

Micropayments und Blogging

Heute sah ich wieder einmal auf dem Blog von egghat vorbei und fand einen Beitrag zum Thema "Micropayment" vor, in dem daran gedacht wird, wie sich vorallem Online-Journalismus demnächst finanzieren soll oder kann.
Genauer in dem Falle Blogger.

Die Frage, ob jemand mit einem Blog Geld verdienen will stellt sich nur bedingt.
Jeder interessierte Internetnutzer kann einem Blogger heute materielle Vergeltungen für die für das Blog und die Einzelbeiträge investierte Zeit zukommen lassen.
Sei es durch Anfrage der Bankdaten per Mail oder Kommentar, Paypal oder andere Zahlungssysteme bzw. direkte, persönliche Zuwendung bei einem Bloggertreffen, o.ä.

Diese Umsetzung geht dann in Richtung Kommerzialisierung eines digitalen, bisher "freien" Kommunikationskanals.
Wobei "frei" falsch ist, wie bei jedem anderen von Menschen produzierten oder verwendeten Produkt: Muss dieses Produkt und seine Grundlagen doch zunächst hergestellt werden um hernach damit arbeiten zu können.
Die Abnutzungskosten für die Informationstechnologische Infrastruktur, vulgo Rechner, sowie des zu deren Betrieb notwendigen Stroms ersetzt dem Blogger niemand.
Die einzige denkbare Gegenleistung: Davon proitierende User, also andere Menschen, tragen ebenso zur "unentgeldlichen" Produktion von Content bei.
Aber auch diese kommen nicht hinter die Voraussetzungen für die Produktion zurück.
Individuelle finanzielle Nachteile werden hierbei also bei Hoffnung auf überindividueller Zusammenarbeit systematisch ausgeblendet und inkauf genommen.

Anders wäre es bei der Vergütung eines Textes, weniger eines Bloggers; letzterer ist dabei eigentlich egal, der individuelle "Wert" des Contents, Inhalts, zählte dann.
Allerdings genügt dieser "Wert" allein nicht, zumindest darf er denen nicht genügen, die damit "Geld verdienen" wollen. Was aufgrund eigener Anstrengung zunächst nichts problematisches ist.
Sofern andere, kostenlose Angebote vorhanden wären, könnten die User per Klick abstimmen inwiefern sie dies in Anspruch nehmen wollen.
Allerdings ist die Gefahr groß, dass es zu einem spill-over-Effekt und zur großflächigen Kommerzialisierung des Contents kommt. Darf doch davon ausgegangen werden, dass einem sich darüber finanzierenden Blogger individuelle Vorteile zuteil werden, die sich wenigstens mittelbar wiederum auf die Qualität der Inhalte und damit erneut seines Umsatzes auswirken.
So müsste er bspw. weniger anderweitige Arbeit zur Reproduktion seiner physischen Existenz leisten.
Die frei werdende Zeit könnte er im Gegensatz zum anderen Blogger für Inhalte aufwenden.
Hieraus könnte sich auch eine Diskussion zur "höheren Freiheit" der Einzelnen ermöglichen indem solche Finanzierungsströme vermittelt werden.

Egghat beschreibt Faktoren, welche den individuellen User von Zahlungen für Blogs und andere Dienste abhielten und im Gegensatz zur ihre Marktmacht nutzende Großanbieter, wie Spiegel oder FAZ, Bloggern finanzielle Einnahmen verwehrten: [quote]Der Leser hat mit Kachingle nicht mehr das Problem, dass er für jedes Blog, in dem er was Spannendes gefunden hat, eine eigene Überweisung starten muss. Das ist schlicht zu umständlich. Gleichzeitig hat der Leser über die monatlich 5 Dollar auch eine definierte Obergrenze, er muss also nie überlegen, ob er jetzt die Seite noch liest oder nicht, wie es z.B. bei den 10 Seiten pro Monat Abos der Financial Times der Fall ist.[/quote]

Eine Lösung böte eine anteilige Aufteilung nach Aufruf- und Lesezahl der Blogs bzw. deren Einträge auf Basis eines festen vordefinierten Betrages.

Ich befasste mich bislang kaum bis nicht mit solchen Systemen, verfolge allerdings die Diskussion zur Finanzierung des Online-Journalismus seit längerem interessiert.
Dabei geht es weniger darum, damit einen hohen, die einzelne Leistung übersteigenden Profit zu erzielen wie es bei den aggregierten Großangeboten der Fall ist.
Vielmehr sollten die Voraussetzungen und Grundlagen solcher Beiträge abgedeckt, sowie der zeitliche Einsatz des Bloggers für einen individuell als hochwertig empfundenen Artikel gewürdigt werden. So auch im Sinne der Opportunitätskosten.
Wobei das Gegenargument, wenn man mehr Geld verdienen wolle und etwas besser könne, müsse man das Bloggen einstellen und sich dem zuwenden, auch nicht ganz von der Hand zu weisen ist.
Das Bloggen unterliegt eben noch nicht zu einhundert Prozent wirtschaftlicher Produktion und Verwertung sowie deren Rationalitäten - die Diskussion bleibt dabei notwendig schief.

Ich könnte mir vorstellen, für Blogs zu zahlen, Egghat's wäre vorn mit dabei. Allerdings nicht für jeden Eintrag. Dies bedeutet, dass ich vor dem "Kauf", der mit einem Klick nicht rückgängig gemacht werden kann, in etwas wissen können muss, was inhaltlich auf mich zukommt. Was kleinere Vorschauen, Teaser, bedingen muss.
Die Deckelung ist zumindest für den Anfang für mich absolut notwendig, ermöglicht sie doch die Sicherheit, dass auch nur dieses Geld aufgeteilt und ausgegeben wird.
Des Weiteren müssen die Aufteilungsmaßstäbe des Micropayment-Systems transpariert werden: Ich möchte sehen und nachvollziehen  können, wer weshalb wieviel von mir bekommt.

Der große Vorteil der im Beitrag genannten Lösung ist die Automatik in Berechnung und Aufteilung ohne Notwendigkeit der Nutzerinteraktion.
Gerade diese Interaktion mit verschiedenen Anbietern, Blogs und Bloggern stellt eine enorme Barriere dar.
Vielleicht sollte man auch daran denken, einige Monate lang eine Art "Demo" einzuführen, damit man das System zunächst testen kann. So sähe man, wie sich welcher Konsum auswirkte.

Klar dürfte sein, dass eine Payment-Lösung eher Richtung Einfachheit und Blogartigkeit als individuelle Nutzer-Blogger-Interaktion gehen wird.
Am Schluss gilt auch: Marktprozesse sind effiziente Verteilungs- und Kontrollmechanismen.
Es darf nur letztlich niemand existenziell "hinten runter fallen", Grundteilhabe muss ermöglicht sein und bleiben.

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