Freitag, 17. Februar 2012

Multiples Possenspiel


Heute ging wieder einmal eine Posse bundesdeutscher Politik zuende.
Eine andere fand nur ein neues Kapitel.

Nach gestriger Veröffentlichung eines Immunitätsaufhebungsantrags gegen Bundespräsident Christian Wulff trat ebendieser am 17 Februar 2012 zurück.

Das Amt des Bundespräsidenten besteht indes weiterhin.

Der Bundespräsident wird in Deutschland nicht direkt, sondern durch die aus Mitgliedern des Bundestages und der Länder bzw. ausgewählter Vertreter zusammengesetzte Bundesversammlung gewählt.
Diese wiederum kann daher nicht parteipolitisch neutral sein, gab und gibt es doch immer wieder Berichte über "Anfragen" bzw. Auswahlverfahren für die Vertreter der Parteien in der Bundesversammlung.

Meiner seit Jahren vertretenen Ansicht nach benötigt es das Amt des Bundespräsidenten nicht mehr. Historisch lassen sich "Sternstunden" wie grausame "Versagen" bei der Ausfertigung bundesdeutscher Gesetze finden. Schlussendlich entscheidet regelhaft das Bundesverfassungsgericht. Repräsentation wird häufiger und intensiver längst durch das Auswärtige Amt bzw. auch gerade durch das Kanzleramt ausgefüllt. Die unrühmliche Parlamentsauflösung durch Horst Köhler ist ohnehin längst vergessen, genau wie Köhler selbst.
So hält sich hartnäckig das Gerücht er sei "zu sensibel" einerseits, andererseits habe er damals nur das kundgetan, was ohnehin "stimme" oder "richtig" sei.
Dabei wird vergessen oder ignoriert, dass er die Intervention in Afghanistan auch mit wirtschaftlichen Interessen der Bundesrepublik Deutschland begründete, mindestens verteidigte. Die BRD darf aber laut Verfassung, Grundgesetz (GG), nicht nur keine Angriffs- sondern auch keine Wirtschafts- oder Ressourcenkriege führen.

Ein Staatsoberhaupt, welches sich so eklatant entgegen verfassungstheoretischer Regularien äußert ist tatsächlich "untragbar". Ohne eigenen Rücktritt hätte damals eigentlich eine Präsidentenanklage erwogen werden müssen.

Was Wulff angeht schien mir das Bild mit Frau Wulff heute fast schon "tragisch".
In der gesamten Zeit kam mir die Auffassung einer "medialen Unfähigkeit" im Umgang mit den Vorwürfen, welche so einfach aber auch nicht zu hegen sein darf, wie es gerade in "populären" Talkshows vielfach geschieht.
Weiß man über Intransparenzen, Unklarheiten, gar "Verfehlungen" selbst bescheid, weiß also, dass man Urlaub machte ohne zu zahlen oder anonyme Barschecks annahm, so kann und darf man nicht daran interessiert sein alles zuzugeben.
Es wird ja vielfach behauptet, er sei "selbst schuld" und hätte eine "Salamitaktik" betrieben.

Meine These: Anders war es gar nicht möglich.
Wie sähe die Alternative aus? Man müsste nicht nur Dinge, die medial und öffentlich bereits bekannt sind allumfänglich erklären, sondern auch Dinge, die sich aus diesen Erklärungen ergeben. Und "ergeben könnten". Dies geht immer weiter ins Spekulative.
Im Kern war die "Causa Wulff" ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr zu stoppen und erfuhr eine Eigendynamik. Gerade wenn (populäre) Medien am Ball bleiben und in gewisser Regelmäßigkeit Dinge nachschieben setzt ein "richtiges Maß" zwischen Skandalisierung und Ermüdung ein.
Überhaupt ist die Sprachkonstruktion "Causa Wulff" nicht uninteressant. Hier wollten sich vermutlich einige einen seriösen Anstrich verpassen, war dieser Begriff doch nicht von Anfang an im Gespräch und Verwendung.
Im Übrigen bezweifle ich, dass es ab oben genanntem "Point of no return" überhaupt möglich gewesen wäre überhaupt soetwas wie "Ruhe" zu erreichen. Viele meinen ja, es hätte zu geringerem "journalistischem Eifer" geführt, sofern Wulff bei seinem Privatkredit schon sehr viel offener gewesen wäre.
Nur ist unklar wie es dann weitergegangen wäre, ob nicht andere Feinde, Freunde oder "Parteifreunde" weitere Details durchgesteckt hätten. In verschiedenen Dokumentationen ist die Rede von Kritik am Lebensstil Wulffs seitens "Parteifreunden" - Journalisten seien darauf verwiesen worden, sich doch mal sein neues Haus näher anzusehen.

Solche Informationen kommen von wissenden Menschen, mindestens solchen mit Eigeninteressen.
Diese werden sich immer finden. Selbst wenn Wulff den Kredit von Herrn Gerkens eingeräumt und auch noch auf das vorangegangene zinsgünstige Darlehen verwiesen hätte, hätte jemand auf Herrn Maschmeier und andere "Freunde" diverser Politiker verweisen können.
Wie bei Guttenberg: Er war das offensichtlichste und eindringlichste Beispiel für eine plagierte Arbeit doch ist dieses Phänomen grundhaft sehr viel weiter verbreitet, wie man später an Koch-Mehrin, andere SPD-Abgeordnete, weitere FDP-Abgeordnete und Professoren sehen konnte.
Im Allgemeinen dürfte just diese Angelegenheit deutlich weiter verbreitet sein als angenommen.
Weshalb anzunehmen ist, dass sich Dinge wie bei Wulff auch bei diversen anderen Politikern finden lassen, wenn man genauer danach sucht.

Seine Rücktrittsrede hörte und sah sich wie eine strukturelle Kopie derer Herrn zu Guttenbergs an.
Er tritt zurück, obwohl er sich selbst "im Recht sieht" und keinerlei Recht und Gesetz gebrochen habe. Dies werde sich u.a. auch durch die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen erweisen.
Kein Schuldbewusstsein, könnte man meinen, vielleicht auch schon schleichender Realitätsverlust.
Wie beim ehemaligen IWF-Chef Strauss-Kahn erfolgt ein Rücktritt eines von sich und der Richtigkeit des eigenen Handelns überzeugten Person.

Eine weitere These: Irgendwie werden Ämter und Personen sowie dahinterstehende Symbole stärker aufgeladen und -geblasen.
Falls Wulff von der Staatsanwaltschaft tatsächlich entlastet werden sollte, was weiterhin möglich und aufgrund einer bis zu 80 prozentigen dafürsprechenden Wahrscheinlichkeit nicht unrealistisch erscheint, kann und wird er trotzdem nicht in dieses Amt zurückkehren können. Strauss-Kahn mag ein "aggressives Sexualleben" pflegen; ein Schuldspruch bzgl. der Vergewaltigung aufgrund derer er sein Amt aufgab bzw. "aufgeben musste" erging nicht.
Damit werden, ich meine systematisch, Unschuldsvermutungen aufgehoben. Oder präziser: Die Unschuldsvermutung, jemand sei solange unschuldig bis seine Schuld von einem Gericht festgestellt sei, und die Suche nach gegenteiligen Beweisen ist mit einem solchen Staatsamt nicht vereinbar.
Das bedeutet aber auch: Ein "normaler Mensch" kann ein solches Amt eigentlich nicht antreten (wollen), da wohl kaum jemand so honorig, ehrlich und "unbeschadet" durch das eigene Leben kam, dass nicht irgendetwas zu finden wäre.
Das heisst gerade nicht, ich glaubte an eine "Medienkampagne" oder eine "Verschwörung".

Aber Fakt ist, ein Verfahren zum Beleg einer "Schuld" Wulffs konnte gar nicht angetreten werden, zumindest nicht im Amt selbst. Das bedeutet, dass solch ein Amt erst aufgegeben oder verloren werden muss, bevor es zur Klärung der eigentlichen Gründe, Parameter oder Sachthemen kommen kann/soll um eine spätere Amtsenthebung bzw. selbsttätigen Amtsverlust rechtfertigen soll.
Ich gehe soweit dies als "Unkultur" zu bezeichnen und würde auch am Rechtsstaat zweifeln. So äußerte sich Kubicki (FDP), für ihn sei es "unvorstellbar", dass ein Bundespräsident im Amt bleiben könne, wenn gegen ihn als "Beschuldigter" ermittelt werde.
Eben, genau das: Als "Beschuldigter", der eben NICHT verurteilt war oder ist.
Auch heute, jetzt, nach Rücktritt Wullfs sind die relevanten Fragen der Staatsanwaltschaft nicht aufgeklärt, in welcher Folge Wullf das Amt aber niederlegen musste.

Solche Aktionen legen Messlatten höher.
Sie bedingen, dass auch beim nächsten Bundespräsidenten mindestens dieselben Anforderungen bzw. Erwartungen an einen frühzeitigeren Rücktritt erhoben werden. Auch das regt Medien in der politischen Kultur an, deutlich schärfer im Ton zu kommunizieren und stringenter zu hinterfragen.
Solche Messlatten und deren Höhen verhindern aber auch weiterhin und offensichtlich rechtsstaatlich gebotene Verfahren.
Ein Mensch muss sein Amt niederlegen, so wird es öffentlich verkauft, sofern es auch nur einen "Verdacht" gibt. Dabei kann praktisch jeder jederzeit Verdachte gegen andere Menschen aussprechen.
In diesem Falle, genau wie bei Strauss-Kahn, gelten meiner Ansicht nach grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien nicht mehr.
Es mag für viele "untragbar" sein, einen Bundespräsidenten zu ertragen gegen den ermittelt wird, diese "Vielen" sind es aber auch, die am Ende sich und den Rechtsstaat diskretitieren. Denn es fällt ihnen später zunehmend schwerer zu erklären, weshalb es bei jemand anderem, ihnen selbst, oder bei anderen Themen nun gerade nicht "untragbar" sein sollte.

Hier scheint sich eine "politische Klasse" um sich selbst und ihre Symbole zu drehen.
Dies ging Jahrezehnte lang gut, aber wird es das auch noch in den Kommenden tun?
Vielerorts und in wissenschaftlichen wie politischen Kreisen wird ja momentan und seit geraumer Zeit über die "Wandlung des politischen Systems" bzw. der "politischen Kultur" mittels "digitaler Kommunikation", "digitaler Medien/soziale Netzwerke", Internet oder Piratenpartei, S21, etc. diskutiert.
Irgendwie bezweifle ich, dass es dauerhaft so weiter gehen wird - eventuell mündet dies irgendwann doch in eine "Volkswahl", also letztlich wie bei Bundes- und Landtagswahlen Wahl durch "mehrheitliche Minderheit", oder Abschaffung des Amtes selbst, kommt auf die Integrations- und Kompromissfähigkeit bisheriger bzw. herrschender Eliten und aufstrebender Eliten und deren Sendungs- und Veränderungsbewusstsein an.

Mittwoch, 25. Januar 2012

Wulffs Amtsverständnis - rational?

Man könnte ja auf die Idee kommen, der ganze "Eklat" oder "Skandal" um Christian Wulff sei von einigen wenigen Medien, wie BILD oder SPIEGEL, betrieben worden.
Viel mehr als die mediale Perzeption wundert mich allerdings Herrn Wullfs Verhalten selbst.
Man stelle sich einen Moment vor, man sei in ähnlicher Situation.

Völlig unsinniges, dekontextuiertes Gedankenspiel.
Um in solche Positionen zu gelangen braucht man genau jede "Freunde" oder nur "wohlgesonnene Bekannte" wie sie unser Bundespräsident und früherer niedersächsischer Ministerpräsident hat.
Im Stern steht heute etwas von "Schnulligate" - mit "Schnulli" sollen sich Glaeseker und Schmitt untereinander tituliert haben.
Dies ist ebenso irrelevant und unerheblich wie die Fotos über Innenräume von Wullfs Norderney-Urlauben. Sowas will doch niemand sehen, der nicht gerade sensationsgeil und themen- und politikavers unterhaltende Bespaßung sucht.

Ob man aber auf einem Flug "upgegradet", also eine Komfortklasse aufgestuft, wird, sollte man schon hinterfragen.
Vorallem sollte man es als Fluggast wissen.
Stärker noch, wenn man öffentliche Ämter bekleidet, gerade Ministerpräsident; in solchen Ämtern lernt man dann spätestens, dass selbst der Anschein von Vorteilsnahmen, etc. zu vermeiden sind.
Insofern hätte ich mir von der Fluggesellschaft schriftlich bestätigen lassen, dass die Aufstufung nichts mit einem meiner Ämter zu tun hat.
Bekommt man diese Bestätigung, auch ex-post, nicht, nimmt man das Upgrade eben vorsorglich nicht an oder lässt sich dafür eine reguläre Rechnung ausstellen welche man ebenso regulär bezahlt.
Nichts anderes doch bzgl. eines Buches bei dem ich als Autor auftrete: Ich werde mich doch für die Marketing-Strategie des Verlags interessieren, schließlich verdiene ich daran Geld. Kann oder will ich mich nicht selbst darum kümmern, dann bitte ich einen, selbstredend von mir bezahlten, Mitarbeiter oder Externen um Nachsorge für dieses Projekt. Auch hier um jeglichen Anschein bereits zu ersticken.
Kaum glaubhaft, dass Wulff keinerlei Kenntnis erlangt haben möchte.

In so einem Amt besitzt man viele falsche und einige wenige "richtige" Freunde.
Wenn sich diese falsch Verhalten und bspw. kostenlos urlauben und damit in Ruchweite des Amts Vorteile annehmen, müssen diese entweder selbst oder man als Amtsträger Konsequenzen ziehen. Tut man dies nach Kenntnis der Vorwürfe zeitnah, ergibt sich daraus auch kaum ein Problem.
Ich frage mich hingegen, ob, die vielen kleinen Details und Vorwürfe zusammen genommen, hier kein sinnvolles eigenes "Amtsmanagement" vorlag.
Wenn ich "pleite" bin, kann ich mir einen Hauskauf oder -bau eben nicht leisten - natürlich kann mir ein Freund Geld leihen, sofern sich dies nicht auf meinen Beruf, das Amt also, auswirkt.
Wieso aber nimmt Wullf dann einen überbrückungsfinanzierenden Geldmarktkredit mit einem variablen Zinssatz zwischen 0,5 und etwas über 2 Prozent an, wenn dieser doch selbst für bonitäre und eher wohlhabende Privatkunden "unüblich", wenn auch nicht "unmöglich" ist?
Wohlgemerkt: Variable Kreditzinsen sind nichts unübliches - kurze Kündigungsfristen bei "negativen", also ungünstigen, Zinsentwicklungen, schon.

So ließe sich fortfahren.
Wulff muss von diesen ganzen Dingen wissen.
Trotzdem kommt man hier, mal da etwas heraus.

Wie aber sollte man anderweitig vorgehen?
Wenn man weiß, dass sich da wohl noch andere Dinge verbergen, die evtl. sogar noch problematischer sein oder werden könnten, muss wohl auf mangelnde mediale Aufklärungsfähigkeit oder -willigkeit gesetzt werden. Ansonsten könnte man alles Bekannte offenlegen.
Zumal ich mir kaum vorstellen kann, dass man in so einem Amt keine diskreten Selbstauskünfte und -recherchen in Auftrag gibt um zu erfahren, "was denn da noch kommt" oder kommen kann.
Wenn man "Krieg führen" will, wobei ohnehin fragwürdige Militärmetaphern wie "Stahlgewitter" zu häufig verwendet werden, muss man doch wissen, mit wem und wogegen bzw. mit welchem Ziel.
Und das Ziel kann dann ja nur sein, dass eventuell belastende Dinge nicht publik werden.
Womit ein Anruf bei einer BILD-Zeitung durchaus Sinn ergibt, "Krieg führen" in Verbindung mit "Wir" aber auch auf die Hoffnung einer eher "zugeneigten Zeitung" deuten könnte.
Wulff soll ja angeblich regelrecht "enttäuscht" sein, wie man ihn aus diversen Verlagen aktuell behandelt.

In öffentlichen Ämtern verdient man kein Geld, oder wenigstens nicht "das große Geld" - das war schon immer so und wird vermutlich auch so bleiben.
Das weiß man aber auch selbst.
Versucht man das aber, auch angeblich oder tatsächlich "dubiose" Weise, kann das schnell ins Auge gehen.
Auch das weiß man.
Umso unerklärlicher finde ich Wullfs Gebaren. Nicht, weil die Vorteile nicht "angenehm" oder "nett" wären, sondern weil man solches später, nach dem Ausscheiden aus diversen Ämtern und beim Übergang in Unternehmensbereiche, immernoch erhalten und in Anspruch nehmen kann.
Dann erhöhen sich auch Verdienste und "potente Freundschaften".

Freitag, 1. April 2011

Oh weh mit den AKW

Mittlerweile sind sieben, bzw. acht, Atomkraftwerke, die in Deutschland gelegen sind, abgeschaltet.
Nach "Fukushima", mittlerweile ebenso ein "geflügelter Begriff" wie "Tschernobyl", sei wenn nicht alles, so doch mindestens das Meiste "anders", so Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie Umweltminister Norbert Röttgen (beide CDU).

Wenn man wissen und verstehen möchte, wie "Politik funktioniert", besehe man sich aktuelle Geschehnisse zum Thema Atomkraftwerke in Deutschland und alternativ bzw. zusätzlich die "Plagiatsaffäre" von Karl Theodor zu Guttenberg (CSU), vormals Dr. und BMV.

Ich war beeindruckt, dies vorweg.
Und zwar zunächst von der Schnelligkeit und relativen "Klarheit" mit der Merkel die "Wende" weg von ihrer "revolutionären Energipolitik" verkündete, nachdem sie noch am 11. März keinerlei Anlass hatte an der "Sicherheit" zu zweifeln, überrascht.
Mir kam da sofort ein sinngemäßes Zitat aus Machiavellis "Fürst" in den Sinn, man solle "grausam sein", wenn man müsse und das so schnell und deutlich tun, wie nur möglich.
Zu fragen wäre auch, was geschehen wäre, hätte es diese "Kehrwende" nicht gegeben. Seit Anbeginn der "Reaktorkatastrophe" war wenig bis nichts substanzielles von Vertretern der Deutschen Bundesregierung oder die sie tragenden Parteien, FDP und CDU/CSU, zu hören. Und das vor "wichtigen" Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.
Diese sind mit den bekannten Ergebnissen nun gelaufen.
Wäre Schwarz-Gelb aber überhaupt noch "auf die Füße gekommen", wenn sie nicht mittels dieser, recht misslungenen, Rochade versucht hätten mediale Diskussionshoheit wiederzugewinnen?

Zweitens war ich "amüsiert".
Weniger ob Japans und dessen Folgen. Sondern über das immer gleiche, gut vorgetragene politische "Spiel".
Der Opposition am ersten Tag "Wahlkampf" vorwerfen, die mediale Berichterstattung zu emotionalisieren und weg von kritischer Berichterstattung zu lenken um am nächsten Tag eine "eilige Pressekonferenz" mit den bekannten Inhalten durchsickern zu lassen.
Es muss wohl "pure Verzweiflung" geherrscht haben, wie damals bei Herrn zu Guttenberg.
Der wurde auch innerhalb nicht einmal einer Woche vom "unverzichtbaren Superstar" zum "Er-kommt-vielleicht-mal-wieder Ex-Minister", der Merkel und Schavan ein Lächeln auf der CeBit abgerungen haben soll.

Für mich ist die Frage der Atompolitik eine fragwürdige und recht "oberflächlich gedachte".
Mir ist schnellstmöglichem Umstieg auf jede Art von regenerativer Energieerzeugung gelegen - ganz prinzipiell.
Uran ist KEIN regenerativer Rohstoff und dürfte daher, ebenso wie Öl, Kohle und Gas, irgendwann versiegen.
Bislang hielt ich Ausstiegsszenarien mit einem Endpunkt bis 2020 realistisch, allerdings gibt es mittlerweile so viele Studien und Leumunde, dass es schwer ist, zwischen "Notwendigkeit" und "Möglichkeit" überhaupt noch unterscheiden zu WOLLEN.
Viele, gerade viele wirtschaftsliberale Befürworter, wollen nicht unterscheiden. Atomkraftwerke sind mit Einnahmen von bis zu einer Million Euro für abgeschriebene Alt-AKW schlicht lukrativ - in der viel gepriesenen Marktwirtschaft sollte man dafür "Verständnis" aufbringen.
Im Hinblick auf die ungeklärte Endlagerfrage, welche hunderte Generationen beeinträchtigen und beschäftigen wird, ebenso wie den Rückbau der Altmeiler kann ich dies aber nicht.

Zwei andere Fragen bleiben fast ausnahmslos unberührt:
Selbst wenn man "von heute auf morgen aussteigen" wollte und könnte, was aufgrund mangelnder regenerativer Substitution nicht ohne weitere CO²-Emission zu haben wäre, bliebe das Problem der zum Abschaltzeitpunkt "aktiven" Brennelemente.
In Fukushima wurden sie in Abklingbecken innerhalb des Reaktorgebäudes gelagert, dies geschieht in in Deutschland gelegenen Atomkraftwerken ebenso.
Begründet man also mit dem mglw. neuen oder neu inkraft zu setzenden kerntechnischen Regelwerk und die Prüfung durch die Reaktorsicherheitskommission (RSK) eine Abschaltung oder Stilllegung bspw. mit mangelnden Sicherheitsvorkehrungen für den Absturzfalle eines Passagierjets, so gilt dies für die Abklingbecken auch bei längst beendeter Energieproduktion durch Kernspaltung im Reaktor.
Theoretisch ist es möglich, dass das Kühlsystem, die Batterien und die Diesel-Notstromversorgung eines Reaktors im Zuge eines solchen Angriffs ausfiele. Die evtl. beim Einschlag entstehenden Löcher in der Reaktoraußenhülle könnten durch das Sinken des Kühlwasserstandes und evtl. spätere "Teilschmelze" mit Brennstäbe eine Teil-Freisetzung von radioaktiven Spaltprodukten zulassen.
Solche Brennelemente werden meiner Kenntnis nach drei Jahre lang gekühlt, bis sie in Castoren verbracht werden können.

Zweitens sticht ein Argument der "Befürworter" ja tatsächlich: Andere Nationen wollen Atomkraftwerke nicht nur nicht abschalten, sondern teilweise neu errichten.
Nun könnte man weiterhin so zynisch sein und evtl. GAUs oder "Super-GAUs" in Japan oder China als zwar "tragisch", aber eben nicht "uns direkt betreffend" betrachten, so wie es letztlich weiterhin geschieht.
Es gibt aber bspw. mindestens drei Atomkraftwerke auf französischem Boden an der deutsch-französischen Grenze, keinen Pazifik und keinen "günstigen" Wind. Einige dieser Meiler sind bereits 40 Jahre alt, also in einem Alter und vermutlich auch Zustand, dass ihnen in Deutschland die Abschaltung drohte.
Falls es in einem solchen Kernkraftwerk zu einem Unfall größeren Ausmaßes kommen sollte, was eben niemals gänzlich auszuschließen ist, wäre Deutschland, wären Länder wie das Saarland oder Rheinland-Pfalz recht direkt betroffen.

Die Frage ist daher nicht einmal unbedingt, ob "wir" Atomstrom importieren, da "unser" Energiebedarf nicht anders gedeckt werden könne. Das ist eine recht "akademische Frage", da man einfach nur auf Kohle oder Gas zurückgreifen müsste.
Hier wird eine europapolitische Problematik, auch im Sinne der alten EURATOM-Verträge, deutlich: Es gibt keine Richtlinien, wann Atomkraftwerke als "unsicher" oder "alt" vom Netz gehen oder zwingend nachgerüstet werden müssen.
Die kurzfristige Lösung kann wiederum eigentlich nur eine europäische sein: Wenn es in Deutschland "sicherere" und "jüngere" Meiler gibt, müssten diese "länger laufen" und im Gegenzug französische Altmeiler abgeschaltet werden und der aus ihnen gewonnene Strom ohne Zusatzkosten an französische Stromkonzerne abgegeben. Also soetwas wie eine "sinnvolle Laufzeitbewertung" auf europäischer Ebene, nicht das, was Schwarz-Gelb in Deutschland tat.
Jedes Kraftwerk weniger mag ein Gewinn Richtung Sicherheit und weg von nicht erneuerbaren Quellen sein.
Es dürfte im Krisenfalle aber herzlich "egal" sein, ob die radioaktiven Wolken nun aus Biblis A oder einem französischem AKW kommen, wenn die direkte Wirkung in ersterem Falle freilich größer wären.
Ansonsten bliebe nur Zwang oder Anreiz für innereuropäischen Umstieg von Atomkraftwerken auf Gas- oder Kohle bzw. Erneuerbare Quellen, nur dürfte das viel Geld und Zeit kosten.
Und im Gegensatz zu Deutschland auch politisch nicht sonderlich schnell durchsetzbar sein.
Eventuell müsste man schlussendlich sogar tatsächlich daran denken, neue Meiler auf höchstem technologischen Standard als europäisches Projekt unter gemeinsamer aufsichtsrechtlicher Führung der Kommission und aller Länder zu errichten, sie teilzuverstaatlichen und mit einem festen Ablaufdatum zu versehen.
Dann wären, in Verbindung mit weiterem Ausbau der Erneuerbaren, der Nutzung von Kohle und Gas, evtl. auch Klimaschutzziele auch in Ländern wie Tschechien oder Polen vermittelbar.

Und falls sich jemand wundert:
Ich verwende absichtlich nicht mehr, versuche das konsequent durchzuhalten, Formulierungen wie "Deutsche AKWen" oder "Deutsche Atomkraftwerke".
Schlimm genug, dass sich Unternehmen die Namen von Staaten und Völkern geben und damit etwas eigentlich "gesellschaftliches", allgemeines kommerzialisieren. Die "Deutsche Bank" wäre ein Beispiel.
Die in Deutschland gelegenen Atomkraftwerke sind aber keine "deutschen Atomkraftwerke", weil sie weder "dem Volk", noch "der BRD" in Verkörperung bspw. einer Gebietskörperschaft gehören, sondern originär privatwirtschaftlichen Unternehmen wie E.On, die teilweise nicht mehr viel mit "Deutschland" zu tun haben.